Cleveland Browns – für immer erfolglos?

Die Suche nach dem Messias

Die Cleveland Browns sind bekannt für Rekorde – wenn auch nicht unbedingt im positiven Sinne. Einer davon ist jener der Starting-Quarterbacks. Die Browns haben seit 1999 sage und schreibe 26 verschiedene Spielmacher aufs Spielfeld geschickt, mehr wie jedes andere Team im gleichen Zeitraum. Es gab nur eine Saison (siehe Tabelle) in der die Browns mit nur einem QB spielten – 2001 mit Tim Couch. Woran liegt das?

Zum einen schlichtweg an Pech

Tim Couch wäre ein guter QB gewesen, er hatte aber in seiner Karriere häufig mit Verletzungen zu kämpfen, die nicht mehr als eine Durchschnittskarriere zuließen. War es ein gebrochener Daumen oder ein gebrochener Fuß, es wollte bei ihm einfach nicht sein. Jeff Garcia – QB der Saison 2004 hatte ebenfalls immer wieder Verletzungsrückschläge und wurde nach nur einer Saison entlassen.

Zum anderen natürlich am Unvermögen

Entweder war das Team um den QB richtig bescheiden oder der QB war ein richtig bescheidener Typ. Tim Couch hätte wirklich ein guter Quarterback sein können, sein Pech war einfach, dass er in ein Team voller unerfahrener Spieler geworfen wurde. Seine O-Line ist sicherlich für die vielen Verletzungen verantwortlich.

Die ständige Suche nach dem Messias hat das Browns-Office das ein oder andere mal einfach in den Wahnsinn getrieben. Spieler wurden verpflichtet und sofort als neue Heilsbringer vermarktet, obwohl sie diesen Ansprüchen niemals gerecht wurden. Man nehme Kelly Holcomb: er kam 2001 zum Team, nachdem er bei den Indianapolis Colts hinter Peyton Manning spielte und sollte auch bei den Browns hinter Couch auf Einsätze warten. Nachdem sich Couch verletzte und Holcomb gut spielte, wurden die Stimmen lauter ihn zum Starting QB zu ernennen. Das tat man dann irgendwann, nur um ihn dann durch Jeff Garcia zu ersetzen. Dieser verletzte sich nach einer Saison und es kam zum abermaligen Austausch auf der QB Position.

Charlie Frye als nächstes Beispiel: 2005 in der dritten Runde gedraftet, sah man in ihm viel Potential und einen möglichen Franchise-QB. Er sollte langsam hinter Trent Dilfer aufgebaut werden, musste dann aber doch früher übernehmen. Warum? Dilfer kam erst in der Saison 2005 zu den Browns, um die beiden jungen QBs Frye und Luke McCoy an die NFL heranzuführen. Nach einer Auseinandersetzung mit dem damaligen Offensive Coordinator Maurice Carthon, musste und wollte Dilfer Cleveland schnellstmöglich verlassen. Frye musste einspringen, spielte teilweise sehr gute Partien (einige Rookie-Rekorde bestehen bis heute) und übernahm den Posten des Starting QBs zur Saison 2006. Natürlich kam wieder eine Verletzung ins Spiel und Derek Anderson übernahm Frys Posten.

Immer noch nicht zufrieden mit ihrem derzeitigen QB-Stand, drafteten die Browns Brady Quinn 2007 in der ersten Runde. Quinn spielte an der Notre Dame Universität und war für viele Draft-Experten einer der besten, wenn nicht der beste QB der Draftklasse. Man verglich ihn mit Carson Palmer und war sich sicher: das ist er, das ist der langersehnte, sofort fertige Franchise-QB. 20 Millionen und einen Vierjahresvertrag später fand sich Quinn zunächst nur als dritter QB hinter Frye und Anderson wieder. Frye versagte im ersten Spiel 2007 gegen die Pittsburgh Steelers und wurde schnell nach Seattle verfrachtet. Anderson übernahm bis er sich im letzten Spiel der Saison am Handgelenk verletzte – Quinns Zeit war also noch in seiner Rookie-Saison gekommen. 2008 übernahm zunächst Anderson, ehe er wegen schlechten Leistungen auf die Bank gesetzt wurde. Quinn spielte daraufhin ziemlich solide, verletzte sich aber unter musste sich am Finger operieren lassen.

Browns QBs seit 1999 (Anzahl der Spiele)

2009 kam mit Eric Magnini ein neuer Head Coach nach Cleveland und damit auch die Frage nach dem Starting-QB. Anderson und Quinn wechselten sich ob schlechter bzw. guter und dann wieder schlechter werdenden Leistung ab. Quinn verletzte sich schließlich am Fuß und wurde in der Offseason zu den Denver Broncos getradet. Er war also auch nicht der gewünschte Franchise QB. Anderson wechselte zu den Arizona Cardinals.

Den einen Heilsbringer zu Tim Tebow nach Denver geschickt, kam in Colt McCoy schon der nächste. McCoy galt ebenfalls als großes Quarterback-Talent zumindest was College-Football anbelangt und wurde 2006 “fast” mit der Heisman-Trophy ausgezeichnet. McCoy wartete lange auf die NFL, er spielte alle vier Jahre am College, dürfte diese Entscheidung aber heute eventuell bereuen. Nach seiner Junior-Season hatten sahen ihn NFL-Experten als Erst- oder Zweitrundenpick, McCoy wollte aber noch sein letztes Jahr spielen und verletzte sich im letzten Collegespiel an seinem Wurfarm inklusive Nervenverletzung und konnte nicht am NFL Combine teilnehmen. Obwohl er neben Sam Bradford und Jimmy Clausen(!) als drittbester College-QB eingeschätzt wurde, fiel er in die dritte Runde zu den Browns. Wie schon Brady Quinn sollte McCoy in seiner ersten Saison nur lernen und zuschauen. Aber wie es das Schicksal so will, verletzten sich die beiden restlichen QBs Jake Delhomme und Seneca Wallace ebenfalls und McCoy kam in Woche 6 zu seinem ersten Einsatz. Dort verlor er zwar gegen die Steelers, doch konnte er sein Team in der darauffolgenden Woche überraschend zum Sieg gegen den damaligen Super Bowl Champion aus New Orleans führen. McCoy sollte bis Ende 2011 Starter der Browns bleiben, ehe ihn eine Gehirnerschütterung und durchwachsene Leistungen aus dem Spiel nahmen und er schon für den nächsten Platz machen musste.

Brandon Weeden kam, wieder ein Quarterback, wieder ein Firstroundpick. Weeden war speziell, er legte einen kurzen Umweg ein ehe es ihn aufs College verschlag. Schon 2002 wurde er in der zweiten Runde des MLB Drafts von den New York Yankees gewählt und er sollte bis Ende 2006 Baseball spielen. Erst dann kam er seiner zweiten Leidenschaft – dem Footballspiel – nach, als er auf die Universität von Oklahoa State ging. Weeden spielte bis 2011 am College und zwar so dermaßen gut, dass er von den Browns als bisher ältester Spieler (28 Jahre) in der ersten Runde gedrafted wurde. Die Erwartungen waren natürlich auch bei ihm hoch, er wurde sofort als Starting-QB bestimmt und startete sensationell miserabel in sein erstes NFL-Spiel: mit einem Passer-Rating von 5.1 und vier Interceptions bei keinem Touchdown legte Weeden ein wahrlich beachtenswertes Debüt hin. Danach ging es aber wirklich los, Weeden spielte eine sehr gute Saison und stellte mit 3.385 Yards einen Browns-Rookie Franchise Rekord auf. Dennoch konnte Weeden in der darauffolgenden Saison nicht an seine Leistungen anknüpfen, verletzte sich am Finger und verlor den Job an Brian Hoyer, der wiederum sehr solide spielte und Siege feierte, ehe er sich nach wenigen Spielen das Kreuzband riss. Weeden übernahm wieder, spielte aber sehr schwach und wurde für Jason Campbell gebenched. Campbell konnte ein Spiel gewinnen, verlor aber die restlichen sieben und wurde so wie Weeden Ende 2013 entlassen.

Jetzt endlich großer Auftritt von Clevelands letztem und vielleicht größtem Fail: Johnny Manziel. Der Draft 2014 war enorm mühsam. Johnny “Football” Manziel wurde zu jedem Team hingeschrieben, das auch nur ansatzweise einen QB benötigte. Holt ihn Jerry Jones zu den Cowboys? Geht er gar nach Jacksonville? Wie wärs mit Tampa Bay? Oakland? Oder doch die Vikings? Die Browns könnten ja auch, die brauchen sowieso immer einen Quarterback. Dass er nicht als erster Spieler gepickt werden würde war klar. Dass er aber nicht einmal als erster QB gewählt wurde überraschte schon (Blake Bortles ging an #3 zu den Jaguars). Quasi vor jedem Draftpick wurde Manziel eingeblendet, im Hemd ohne Sakko sitzend, in der einen Hand in sein Smartphone starrend in der anderen am Wasserglas nippend. Und nichts geschah. Bis die Browns für ihn extra hinauftradeten und ihn schlussendlich doch an 22. Stelle pickten. Ein Heisman-Trophy-Winner bei den Browns, ein ganz großer des College-Footballs. Wenn das nicht geht, geht nichts mehr.

Hoyer blieb vorerst Starting-Quarterback, wurde aber Ende November 2014 gebencht. Manziel übernahm und blieb deutlich unter seinen Erwartungen. Er konnte kein Spiel gewinnen, hatte schlechte Statistiken und verärgerte seine Teamkollegen und seine Coaches auf Grund von fehlender Professionalität. In der Offseason zu Spielzeit 2015 verletzte sich Manziel am Ellbogen und fiel für die Preseason aus. Währenddessen übernahm Josh McCown als QB, ehe er sich im ersten Regular-Season-Spiel verletzte und der wiedergenesene Manziel für ihn zum Einsatz kam. Manziel sollte eine Niederlage und einen Sieg feiern. McCown und Manziel wechselten sich daraufhin auf Grund von Verletzungen als QB ab, bis sich schließlich Manziel im November als Starting-QB durchsetzen konnte. Die Freude darüber war nur von kurzer Dauer – die Bye-Week nütze Manziel um ausgiebig zu feiern weshalb er sich später nur mehr als dritter Spielmacher im Team wiederfand. Es sollte der endgültige Anfang vom Ende sein, Manziel kam zwar noch zu Einsätzen, verspielte aber jeglichen Kredit durch weitere Partyeskapaden und wurde schlussendlich im März 2016 entlassen.

Zur Saison 2016 übernahm Hue Jackson das Team als neuer Head Coach und verpflichtete den ehemaligen Offensive Rookie Of The Year Robert Griffin III. Keine unumstrittene Wahl, schließlich konnte RGIII nie mehr an seine überragende Rookie-Saison anschließen – sein Knie machte ihm einen Strich durch die Rechnung. RGII spielte eine solide Preseason, ehe er sich in der ersten Woche der aktuellen Saison an der Schulter verletzte. McCown startete im zweiten Spiel nur um sich ebenfalls an der Schulter zu verletzen. Derzeit steht mit Cody Kessler ein Rookie als Starting-QB hinter der Line. Ob er die ersehnte Lösung ist, wird sich erst herausstellen.
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