NFL Draft 2018 Scouting Report: Josh Allen, QB

Er ist einer der umstrittensten Prospects der diesjährigen Klasse: Josh Allen, Quarterback, Wyoming, lässt die Debatten der Draft-Liebhaber und Experten ins unendliche laufen. Vom besten Spielmacher und größten Talent bis hin zum Spieler außerhalb der Top-50 ist alles dabei. Wir müssen also ausführlich über den jungen Mann reden.

Allgemeines:

Geburtsdatum: 21. Mai 1996

Größe: 1.96 Meter

Gewicht: 109 Kilogramm

Team:

Reedley College (2014)

Wyoming Cowboys (2015-2018)

Klasse: Redshirt Junior

Starter seit: 2015

Erfolge: 

  • Second Team All-Mountain West (2016)

Verletzungen: Schlüsselbeinbruch (2015)

Spiel am College:

Josh Allen ist kein typischer College-Superstar. Aufgewachsen auf einer kleinen Farm in North Carolina, übte er sich in vielen verschiedenen Sportarten aus und wurde im Grunde genommen von den großen Colleges nicht wahrgenommen. No-Star Recruit und damit nur die Möglichkeit auf einem kleinen College Fuß zu fassen um den Traum  vom Football-Profi am Leben zu erhalten. Allen schloss sich mangels Alternativen dem Reedley Community College an, da er dort zumindest den Mann seiner Cousine als Assistenz-Coach vorfand. Schnell übernahm er die Offensive, die er mit durchschnittlich 452,2 Yards pro Spiel anführte. Seine Leistungen wurden aber wieder nicht wirklich ernst genommen, Allen bekam nur zwei Angebote von FBS-Colleges: Eastern Michigan und Wyoming. Es war ein Zufall, dass sich Wyoming bei Allen meldete, wollten die Verantwortlichen der Cowboys doch einen anderen Spieler für einen potentiellen Trade beobachten. Allen stach heraus und Brett Vigen – Offensive Coordinator Wyomings – sah in ihm Parallelen zu Carson Wentz, den er 2010 zu North Dakota State rekrutierte. Der mittlerweile schon 1.96 Meter große Quarterback fühlte sich wohl mit dem Gedanken bei den Cowboys zu spielen und nahm das Angebot an. Nicht ohne noch eine Mail an sein ursprüngliches Lieblings-College Fresno State zu schreiben, das einen deutlich schmächtigeren QB unter Vertrag nahm und ihn immer ignorierte.

In seinem ersten Start an seiner neuen Universität brach er sich das Schlüsselbein und fiel für die restliche Saison 2015 aus. Nach seiner Genesung erkämpfte er sich den Starting-Posten wieder zurück und kam auf 3.203 Yards, 28 Touchdowns (zusätzlich noch sieben Rushing-Touchdowns) und 15 Interceptions bei einer Completion-Rate von 56 Prozent. Allen liebäugelte damit sich für den NFL Draft 2017 anzumelden, entschied sich letztendlich aber doch noch ein Jahr länger am College zu bleiben und steigerte damit den Hype um seine Person in ungeahnte Höhen. Vor dem ersten Spieltag der neuen NCAA-Saison sah man in ihm einen der besten Prospects, nahezu jeder College-Fan sah sich den Season-Opener der Cowboys gegen die Iowa Hawkeyes an – und sah wie sein Hype ultimativ zu Boden rasselte. Er warf für magere 174 Yards bei einer Completion-Rate von 57.5 Prozent und zwei Interceptions. Seine vielen fatalen Entscheidungen und seine Ungenauigkeit blieben in Erinnerung und sollten sich im Laufe der Saison wiederholen. Am Ende kam er auf 1812 Yards, 16 TDs (fünf Rushing-TDs zusätzlich) und sechs Interceptions.

Die Augen waren natürlich auch im Senior Bowl und im Combine auf ihn gerichtet. In den Trainings vor dem Senior Bowl konnte allen nicht überzeugen, im Spiel dann aber umso mehr, als er mit 158 Yards (9/13) und zwei Touchdowns bei sehr guten Würfen aufzeigte.

Auch im Combine konnte er seinen Draftstock wieder erhöhen, da viele Scouts und GMs von seiner enormen Armstärke beeindruckt sind.

Stärken:

Allens größte Stärken sind seine physischen Gegebenheiten: Mit 1.96 Metern und 109 Kilogramm ist Allen praktisch der Prototyp des NFL-Spielmachers. Viele NFL-Scouts sind allein davon schon hin und weg und begeistern sich dadurch für den 21-Jährigen. Dadurch kann er Tackles schlucken und kann aber auch als Läufer in Erscheinung treten. Entweder geht er tatsächlich selbst mit dem Ball oder er wirft ihn während des Laufs noch zu einem Mitspieler.

Seine Armstärke tut das übrige dazu, er kann am Feld an jeden Punkt hinwerfen und damit das Feld/die Defensive auseinanderziehen. Sein Release ist gut, er wird das Ei schnell los. Allen spielte in einer Offensive mit Shotgun/Under Center-Formations, ähnlich wie es Carson Wentz damals tat. Das kommt seinem Spiel sehr entgegen und ist sicherlich kein Nachteil für den Profi-Football.

Charakterlich hat sich Allen nichts vorzuwerfen, er fiel nicht negativ auf und soll laut Coaches in sehr intelligenter Spieler sein.

Schwächen:

Allen kann dank seines Arms den Ball zwar überall hinwerfen, ob er ihn aber auch platzieren kann bleibt das große Fragezeichen. Niemals kam er auf eine Season-Completion-Rate von über 60 Prozent (56.3% 2017, 56% 2016) – die 66.7 Prozent 2015 nicht miteinberechnet, da Allen nur sechs Wurfversuche unternahm. Man sah also keine wirklich Steigerung in seinem Spiel. Das liegt vor allem an seiner Mechanik, die noch nicht ausgereift ist und ihn oft einfache Pässe verfehlen lässt.

Allen hält den Ball oft zu lange und lässt die Defense zu sehr an seinem Spiel teilhaben. Seine Vision ist nicht gut, sein Reading auch noch mehr als ausbaufähig. Interceptions sind die Folge. Er trifft also auch zu oft die falschen Entscheidungen und kann vor allem mit Druck nicht umgehen.

Erinnert an:

Jake Locker, Cam Newton, Ben Roethlisberger

Die drei gängigsten Vergleiche für Allen sind Jake Locker, Cam Newton und Ben Roethlisberger. Alle drei QBs sind große Athleten mit einem starken Arm. Vermutlich trifft es Locker aber am besten – ähnlich wie er ist auch Allen ein großer Boom or Bust-Kandidat. Die Genauigkeit und die Vision waren schlussendlich auch Lockers Probleme…

Fazit:

Was tut man mit Josh Allen? Einige Teams und Draft-Experten sind in den jungen Spielmacher verliebt, sein Arm rettet ihm wohl Millionen. Und das ist auch das, auf das sich Allen am College immer verlassen hat: sein Arm wird’s schon irgendwie richten. Das tat er manchmal, in der Regel aber nicht. Gegen nahezu jeden stärken Gegner versagte Allen auf ganzer Linie. Viele Befürworter geben dem fehlenden Support die Schuld, verlor er doch mit Tanner Gentry, Jake Maulhardt und Jacob Hollister seine wichtigsten Anspielstationen. Allerdings konnte er mit diesen Spielern auch keine bessere Completion-Rate auf die Tafel bringen. Am Ende wirft Allen die Interceptions und davon zu viele. Zwar hat uns spätestens Deshaun Watson vergangenes Jahr gelehrt, dass man auf College-Level Interceptions nicht überbewerten muss, dennoch sind seine Picks gerade gegen die stärkeren Gegner beunruhigend.

Allen kann zwar immer wieder scheinen und Pässe anbringen, die so nur ganz wenige QBs zustande bringen. Aber man sah, dass er mit dem Druck der D-Men auf ihn nicht umgehen konnte und sich deutlich steigern muss um in der NFL erfolgreich spielen zu können. Er hat schlichtweg zu wenig Balance – vor allem in seiner Mechanik – und seine Genauigkeit sowie seine Instinkte sind einfach nicht Pro-Ready.

Und wenn man sich alles in allem ansieht und jeden Aspekt berücksichtigt, kommt man am Ende nicht in die erste Draft-Runde mit ihm. Auch nicht in die zweite. Ab Runde drei wird er seinen jetzigen Fähigkeiten gerecht. Einige Teams werden ihn so einschätzen, andere werden ihn früher picken. Sehr, sehr viel früher. Man kann Allens Situation nicht einmal richtig mit jener von Mitchell Trubisky vergangenes Jahr vergleichen: Trubisky war 2017 auch sehr umstritten, hatte der Quarterback doch nur 13 College-Starts hinter sich und wurde im Draft dann tatsächlich als erster QB (#2) gezogen. Eher müsste man ihn mit der Situation um Josh Dobbs vergleichen, der plötzlich kurz vor dem Draft von einigen Experten noch in die erste Runde geschrieben wurde.

Sollte sich ein Team früh für ihn entscheiden und ihn gleich spielen lassen wollen, wird man sich wohl oder übel an wenig Erfolg gewöhnen müssen. Auch wenn seine Mitspieler sicherlich viel besser als am College sein werden – Allen ist noch zu raw um sofort ein Team signifikant besser zu machen. Wir sprechen hier also sehr ausführlich über einen Development-QB, der sehr viel Hype auf Grund seiner Armstärke und seiner Körpergröße generierte.

Man muss einen frühen Draftpick also nicht unbedingt für ihn opfern. Aber am Ende des Tages kann man nur sagen: Viel Spaß Cleveland, New York, Arizona – euer Coaching Staff möge mich eines besseren belehren!

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