seNFLs Top 50: DeAndre Hopkins – Brock Osweiler

Weiter geht es mit seNFLs Top 50. Diesmal beschäftigen wir uns mit einem Mann, den man ganz getrost als “ärmste Sau der Liga” bezeichnen durfte – DeAndre Hopkins – und jenem Spielmacher der dafür verantwortlich war – Brock Osweiler.

Die Saison 2016 startete für Hopkins mit Verspätung: zu gerne hätte er einen neuen, hoch dotierten Vertrag bei seinen Houston Texans unterschrieben. Er weigerte sich zunächst am Trainingscamp teilzunehmen, spekulierte darauf am Ende am längeren Hebel zu sitzen und richtig viel Geld zu machen. Es sollte anders kommen – Hopkins bekam vorerst kein neues Arbeitspapier, spielte also mit seinem bestehenden Rookie-Vertrag weiter. Aber von vorne: warum eigentlich das ganze Hickhack?

Hopkins ist auf offensiver Seite DER Lichtblick der Texans. Er ist das neue Gesicht der Franchise, der legitime Nachfolger von Andre Johnson. Rückblick in die Saison 2015: Hopkins tat wirklich alles um sich einen neuen Vertrag zu verdienen, kam auf über 1.500 Receiving-Yards und elf Touchdowns. Das besondere daran: satte vier verschiedene Quarterbacks kamen zum Einsatz (Brian Hoyer, Ryan Mallett,  T. J. Yates, Brandon Weeden). Und wie es der Zufall bzw. die Indianapolis Colts so wollten, reichten neun Siege für den ersten Platz in der AFC South und damit auch für die Playoffs. Da war gegen die Kansas City Chiefs sehr schnell Schluß (eine katastrophale 0:30 Heimniederlage), man wollte aber, gerade auch wegen Hopkins, endlich Ruhe auf der Quarterback-Position schaffen. Und wer hätte diese Rolle besser erfüllen können als Brock Osweiler?

Wenn einem die Hände gebunden sind

Freunde des Footballs, merkt euch eines: solltet ihr jemals ein Team führen oder irgendeine gewichtige Funktion ausüben, erinnert euch – wenn ihr einen Quarterback sucht – an die Houston Texans und Brock Osweiler zurück. Egal was ihr macht, egal wie ihr euch entscheidet, ihr könnt es nicht schlechter machen als Texans-Owner Bob McNair. Niemals. Denn: ihr müsst eure Hausaufgaben machen.

McNair dachte sich wohl an einem Tag, spät im März 2016: “Hey, diesen Osweiler holen wir uns. Geben wir ihm einen 72 Millionen Dollar Vertrag über zwei Jahre, mit sagen wir…37 Millionen Dollar garantiert. Wir brauchen uns nicht zu treffen, ich fax den Vertrag einfach schnell zu Osweilers Agenten.” Gesagt, getan, unterschrieben. Franchise-QB gefunden, Problem gelöst. So leicht geht das allerdings doch nicht. Denn McNair konnte gar nicht anders agieren.

I’m officially a Texan!! Can’t wait to get to work with my new teammates and coaches. #texans

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Wir müssen ein wenig ausholen. Die NFL hat ja mitunter sehr eigene und spezielle Regeln: jubeln ist mehr oder weniger out, Spieler werden für den Konsum von Marihuana teilweise schlimmer bestraft als für jegliche physische Gewalt und der Präsident der Liga führt eine offene Fehde gegen den Quarterback-Superstar. Soweit, so bekannt. Eine andere Regel verdient in unserem konkreten Osweiler-Fall aber die gesamte Aufmerksamkeit: jene der Free-Agency. Läuft der Vertrag eines Spielers aus, kann sich dieser vor Beginn der offiziellen Free-Agency-Phase nicht persönlich mit einem möglichen neuen Arbeitgeber in Verbindung setzen. Teams dürfen zwar 52 Stunden vor Beginn der Free-Agency Phase mit dem Agenten des gewünschten Spielers in Verbindung treten, nicht aber mit dem Spieler selbst. Man kann sich also über Verträge einigen, muss sich aber sicher sein, dass der Spieler in das System der Franchise und die Philosophie des Trainers passt. Warum das so ist? Damit das Team, bei dem der Spieler zuvor unter Vertrag stand auch die Möglichkeit hat, den neuen Vertrag zu erwidern, mit dem Angebot mitzugehen. Eine ziemlich dämliche Regelung, haben doch alle Teams schon rund neun Wochen Zeit um einen Vertrag eines Free-Agents zu verlängern. Darüber könnte man jetzt noch lange diskutieren, vermutlich gibt es hierzu zeitnah einen eigenen Artikel. Aber: wie ging das alles mit Osweiler vor sich und warum hat man nicht einfach bis zum Start des offiziellen Free-Agency-Fensters gewartet?

In erster Linie hätte es nichts gebracht. Auch wenn man einen Free-Agent unter Vertrag nimmt, kann man erst ab Beginn der Offseason Workouts (meist Mitte April) einen echten ersten Blick auf den Neuzugang werfen, alles davor ist nicht erlaubt. Zum anderen ist die Suche nach einem Franchise-Quarterback in der Regel die heikelste, man riskiert viel, kann deshalb auch viel verlieren. Texans Coach Bill O’Brien war wie oben schon beschrieben mit der Situation auf der QB-Position nicht zufrieden, sah sich deshalb nach einer Lösung um und fand diese nach unzähligen Stunden der Tape-Analyse in Oweiler. Er ging zu General Manager Rick Smith und Owner McNair um diese von einer Verpflichtung Osweilers zu überzeugen. Man muss schnell sein, andere Teams könnten auch Interesse an dem gewünschten Spieler zeigen. McNair sicherte den von Smith und Osweilers Agenten ausgehandelten Deal ab, drei Stunden bevor der Markt öffnete, sagte Osweiler den Texans zu. Und das Drama begann.

Um noch einmal zusammenzufassen, wenn man so will gibt es in dieser Causa drei Schuldige:

  • die NFL, die es den Teams nicht erlaubt dem gewünschten Spieler in die Augen zu schauen, sich ein Bild von ihm zu machen (so wie es etwa vor dem Draft mit Rookies üblich ist). In weiterer Folge ist das deshalb so drastisch, da von einer Entscheidung unglaublich viel abhängt. In O’Briens Fall dessen künftige Reputation. Poker auf höchstem Niveau – all in – alles verloren.
  • O’Brien natürlich selbst. Er hat sich mit seiner Einschätzung bzw. seiner Ferndiagnose verschätzt. Kann passieren, ist aber alles andere als karrierefördernd.
  • Brock Osweiler, der einfach nicht geliefert hat.

Hopkins und Osweiler – eine nicht vorhandene Verbindung

Zu Beginn der Saison sah es verhältnismäßig gut aus. Osweiler konnte Hopkins zwar nicht wirklich in Szene setzen, fand dafür aber des Öfteren Rookie-Receiver Will Fuller. Hopkins machte die wichtigen Yards, unzählige nach dem Catch, fand aber nur selten den Weg in die Endzone. Man konnte beobachten wie verzweifelt Hopkins über das Feld lief, er wollte ja, er konnte nur nicht. Osweiler stellte derweil Franchise-Negativ-Rekorde (16 Interceptions, bei 15 TDs) auf, wurde in Woche 15 gar auf die Bank versetzt. Weil die Indianapolis Colts wieder einmal nicht wollten, reichte es dennoch irgendwie (vor allem dank einer hervorragenden Defensive) wieder für Platz eins im Schneckenrennen der AFC South und damit für den Einzug in die Playoffs. Tom Savage, Osweilers Nachfolger, verletzte sich just noch vor dem Playoff-Spiel gegen das Lazarett der Oakland Raiders, womit Osweiler starten durfte und sein Team gar zum Sieg führte – Rushing-TD inklusive. Und er konnte Hopkins gar einmal einsetzen und auf ihn einen Touchdown werfen. Ironischerweise dürfte dieses Spiel, das vorerst wichtigste der Saison, das beste von Osweiler als Texaner gewesen sein. Gegen die Patriots im Divisional Playoff war nichts zu holen, Osweiler warf wieder drei Interceptions. Das war’s dann auch schon für ihn in Houston, die Cleveland Browns holten sich Osweiler – hauptsächlich wegen des Zweitrunden-Picks im kommenden Draft. Vermutlich dürfte er auch dort keine großartige Zukunft haben, wenn man auch sein Grundgehalt von 16 Millionen Dollar übernehmen muss. O’Brien sicherte sich derweil im aktuellen Draft Deshaun Watson, den vermeintlichen Franchise-QB, auch zu einem sehr hohen Preis (Erstrundenpick-Abgabe an Cleveland im kommenden Jahr).

Man kann also sagen: Osweiler kostet den Browns zwar ziemlich viel Geld – ohne das er spielen wird – hat ihnen aber zwei zusätzliche Picks in den ersten beiden Runden des Drafts 2018 beschert. Umgekehrt hat er Houston zwei Picks und ebenso viel Geld gekostet.

37 Millionen garantierten die Texans Osweiler, für Hopkins blieb anscheinend kein Geld mehr für einen neuen Vertrag übrig. Man hätte es natürlich anders investieren sollen – auch wenn man Hopkins sicherlich noch zu genüge zahlen wird. Dennoch bleibt abschließend zu sagen: Hopkins war die ärmste Sau der Liga – und das ist nicht finanziell gemeint.

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