seNFLs Top 50: Jalen Ramsey – der künftige Top-Corner

Jalen Ramsey wurde jeglichen Erwartungen gerecht. An fünfter Stelle von den Jacksonville Jaguars im Draft ausgewählt, überzeugte er von Tag eins an. Schon nach nur einer Spielzeit kann man getrost sagen: Ramsey wird einer der besten Cornerbacks der Liga.

Ich geb’s ja nicht oft und auch ungern zu: aber bei Jalen Ramsey lag ich daneben. Nicht was etwa sein Draft-Value anbelangt, wohl aber wegen seiner Position. Nach seiner College-Karriere war ich ziemlich sicher, dass man ihn als Safety in die NFL holt – zu schwach war er meiner bescheidenen Meinung nach gegen kleinere und wendigere Receiver. Press-Man-Corner? Ok, das geht, er ist unglaublich stark gegen große Receiver, hat sowohl Größe als auch Kraft um die Duelle zu gewinnen. Aber alles andere? Zone? No way. Als Safety wäre er perfekt, stark im Tackling, stark genug gegen Tight Ends, schnell genug für den Blitz. Und was soll man sagen: Jalen Ramsey kratzt meine Reputation als Draft-Nerd ziemlich an. Er hat bei den Jaguars so dermaßen abgeliefert, nach Woche eins bereute ich meine Einschätzung über ihn schon.

Mr. Trash-Talk

Ramsey machte sich schnell einen Namen in der Liga. Noch vor seinem ersten Karriere-Spiel forderte er keinen geringeren als Aaron Rodgers heraus. “Ich habe keine Angst. Wirf den Ball in meine Richtung wenn du willst”, sagte Ramsey vor dem Season-Opener gegen die Green Bay Packers. Für einen Rookie, noch vor seinem ersten Snap, eine starke Aussage – ist Rodgers doch derzeit wohl der beste Quarterback der Liga. Das Spiel an sich war äußerst unterhaltsam, Jacksonville war am Sieg nahe dran, musste sich aber wieder einmal dem tanzenden und magischen Rodgers geschlagen geben. Ramsey selbst spielte ein starkes Debüt, war als Blitzer einige male an Rodgers dran, konnte ihn aber nicht zu Boden reißen. Im Gegenteil, Rodgers brachte sogar noch einen Touchdown-Pass samt Ramsey am Rücken an.

Dennoch: keine Reception in Richtung Ramsey. Es sollte der Beginn einer Serie werden. Und Ramsey meldete sich nach dem Spiel via Twitter zu Wort und verkündete seinen Erfolg gleichermaßen. Genau solche Dinge machen den Football auch aus, sofern man die Erwartungen auch erfüllen kann.

Dem noch nicht genug kam es nach dem dritten Saisonspiel zwischen den Jaguars und den Baltimore Ravens zum Gernerationen-Duell der Trash-Talk-Könige: Ramsey traf auf niemand geringeren als Steve Smith Sr. Smith, für seine Sager jahrzehntelang bekannt, lieferten sich einen Schlagabtausch der Extra-Klasse – sowohl auf dem Feld als auch nach dem Spiel. Ramsey und Smith gerieten nach einer Interception von Joe Flacco aneinander, als Ramsey Smith noch “einen mitgab” und der Veteran zu Boden fiel. “Er sagte, er habe keine Angst vor mir. Ich sagte nur, cool, wir sehen uns nach dem Spiel. Wir hatten einen kleinen Austausch im Anschluss, er hatte nichts zu sagen. Ich wollte ihm die Möglichkeit geben mit mir zu sprechen, er hat sie nicht wahrgenommen”, leistete Smith ESPN Protokoll. Für Ramsey war die Sache aber noch nicht abgeschlossen, er schoss in den Interviews um sich: “Wenn du deinen Gegenspieler ständig schlägst, sowohl physisch als auch psychologisch, neigen sie dazu wütend auf dich zu werden. Mir ist es egal wie alt er ist, wenn es ihn wütend gemacht hat gut. Er kann heim gehen und drüber schlafen. Mich interessiert das nicht.” Auf die Frage ob er glaube, dass die Ravens Smith von Ramsey mehr und mehr entfernt hätten und ihn nicht mehr direkt gegen Ramsey spielen ließen antwortete dieser: “Ja, das habe ich das ganze Spiel über bemerkt. Er hat sich mehr und mehr von mir entfernt. Als Spieler ist er immer noch ein guter Spieler. Das sage ich über ihn. Aber ich respektiere ihn nicht als Mann.” Tatsächlich war Smith zwar mit 89 Receiving-Yards bester Passfänger gegen die Jaguars, gegen Ramsey sah er aber mehr oder weniger keinen Meter. In Ramseys Richtung wurde sechs mal geworfen, er ließ sogar vier Receptions zu – aber nur für insgesamt 13 Yards. Zudem lenkte er einen Pass zu einer Interception ab. Der Krieg mit Smith war aber noch nicht beendet, das letzte Wort gebührte dem Veteran:

Mr. Wrestling

Ramsey zeigte bis auf eine Ausnahme (Woche sieben gegen Tennessee) eine herausragende Leistung, brachte #1-Receiver diverser Teams zur Verzweiflung. Besondere Beachtung verdient das Divisionduell mit DeAndre Hopkins. Über Hopkins haben wir schon ausführlich gesprochen, die Line-Ups zwischen den beiden Spielern waren definitiv eines der Highlights der abgelaufenen Saison. Stärke gegen Stärke, Ehrgeiz gegen Ehrgeiz. Die beiden nahmen sich nichts, kämpften wortwörtlich um jeden Meter und um jedmöglichen Raumgewinn. Es gibt nicht viele Gründe um sich eine Partie aus der AFC South anzusehen, Ramsey gegen Hopkins ist aber definitiv einer. Das erste Aufeinandertreffen fand in Woche zehn statt, das, wenn man so will, an Hopkins ging. Er spielte sich mehr und mehr mit Ramsey, pushte ihn über das Feld, konnte sich Platz schaffen – den er selten nützen konnte da sein Quarterback Brock Osweiler hieß. Gerade in Hälfte eins ließ sich Ramsey von Hopkins vernaschen, Hopkins kam, wie man so schön sagt, in Ramseys Kopf. In Hälfte zwei stand ein ganz anderer Ramsey auf dem Platz, er ließ Hopkins keinen Zentimeter allein, es kamen regelrechte Wrestling-Duelle zu Stande. Bis zum kritischen und auch entscheidenden Play zwei Minuten vor Schluss. Die Texans führten mit drei Punkten, ein First-Down würde den Sieg besiegeln. Jacksonville hingegen benötigte dringend einen Stopp um selbst noch zu einem möglichen Sieg zu kommen. Hopkins und Ramsey stellten sich noch einmal auf, wieder lief Ramsey mit Hopkins mit, allerdings konnte dieser Ramsey mit der Hand wegdrücken, in die Feldmitte ziehen und dort den Catch machen. 1:0 für Hopkins.

In Woche 15 das Gegenteil: die Jaguars führten mit sechs Punkten spät im vierten Viertel, Ramsey ließ Hopkins den ganzen Abend über nicht einmal gewähren. Bis es wieder zum kritischen Play gegen Ende des Spiels kam. Und Ramsey wieder einen entscheidenden Fehler beging: Pass Interference gegen Hopkins, automatisches First Down, die Texans sollten dadurch später einen Touchdown erzielen und mit einem Punkt Unterschied gewinnen. Also o2:0 für Hopkins. Es ist aber nicht so, dass Ramsey schlecht gegen Hopkins spielte – im Gegenteil – es ist mehr so, dass er die zwei entscheidenden Plays nicht gut genug verteidigte. Gerade im zweiten Spiel war er fantastisch forcierte einen Fumble, fing eine Interception und brach vier Pässe. Und man darf nicht vergessen: hier spielt ein Rookie gegen einen der besten Receiver der Liga.

In der Offseason haben die Spieler besonders viel Zeit sich Gedanken über dies und jenes zu machen. Ramsey nahm dies zum Anlass um sich ein kleines Social-Media-Duell mit Hopkins zu gönnen.

I go hunting, put heads on my fireplace OH MY #blessed

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Mr. Shutdown

Ramseys Saison war alles in allem sehr stark und sehr unterhaltsam. Er hält das, was er auf den Social-Media-Kanälen verspricht. Wäre Joey Bosa nicht komplett durchgedreht, Ramsey wäre der unumstrittene Defensive Rookie of the Year geworden. Ramsey hatte bei den Jaguars nahezu keine Unterstützung von seinen Safeties, allein deshalb ist die Leistung noch höher einzuschätzen.

Pro Football Focus ging sogar noch einen Schritt weiter und wählte Ramseys Leistung gegen die Tennessee Titans in Woche 16 als zweitbeste Saison-Performance aller Cornerbacks aus. Ramsey kam dort auf vier verteidigte Pässe, vier Tackles und einen Pick-Six, der den Jaguars zum Sieg verhalf.

In der kommenden Saison steht mit A. J. Bouye ein unglaublich starker Cornerback an der Seite von Ramsey. Ike Taylor von nfl.com geht sogar soweit und bezeichnet das Tandem als bestes Cornerback-Duo der kommenden Saison. Ich geb’s ja ungern zu – aber da könnte er recht haben.

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