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Spektakel zu Thanksgiving

Drei Spiele finden traditionell zu Thanksgiving statt: Football und Truthahn – was will das amerikanische Herz mehr? Immer mit dabei sind die Detroit Lions und die Dallas Cowboys, die mit direkten Konkurrenten um die Playoffs kämpften. Den Abschluss bildeten die Pittsburgh Steelers bei den Indianapolis Colts. Das können wir von diesen drei Spielen mitnehmen.

Lions schon wieder in letzter Sekunde

Die Detroit Lions luden die Minnesota Vikings zum Divisionsduell. Die Wikinger wollten sich für die einzige Heimniederlage in ihrem neuen Stadion natürlich rächen und mit einem Sieg wieder zu den Lions aufschließen, die ja die Division anführen. Das sollte nicht gelingen, in typischer Lions-Manier gewann Detroit in letzter Sekunde Dank eines Field Goals mit 16:13. Und dass, obwohl man wieder einmal einem Rückstand im vierten Viertel hinnehmen musste. Darius Slay mutierte kurz vor Schluss zum Held, als er Vikings-QB Sam Bradford interceptete und Lions-Kicker Matt Prater anschließend das entscheidende Field Goal unterbringen konnte.

Detroit und Matthew Stafford sahen zu Beginn des Spiels sehr gut aus, man vollendete einen Drive über zwölf plays und 75-Yards zu einem Touchdown (Anquan Boldin). Danach war aber nicht mehr viel los, Stafford (232 Yards, 23/40, ein TD) wurde von der drittbesten Pass-Defensive mehr und mehr aus dem Spiel genommen. Sein Receiver Andre Roberts hätte aber den ein oder anderen tiefen Ball (und in weiterer Folge auch Touchdown) fangen können. Staffords Zahlen sind nicht überragend, wohl aber seine Entscheidungen, big plays sind ihm kein Fremdwort, wenn es sein muss läuft er mittlerweile selbst zum First-Down. Seine Receiver Golden Tate (77 Yards), Anquan Boldin (69 Yards) und Marvin Jones (54 Yards) konnte er gut in Szene setzen, vor allem dann, wenn sie als Slot-Receiver aufgestellt wurden.

Auf der Gegenseite schauen die Zahlen von Vikings-QB Sam Bradford gut aus (224 Yards, 31/37), dennoch kostete die eine Interception den Wikingern schlussendlich das Spiel. Bradfords Completion-Rate täuscht – zwar brachte er viele Pässe an, diese beschränkten sich aber auf kurze Distanzen, er konnte die Mannschaft selten über das Feld führen. Der Ausfall von Receiver Stephon Diggs schmerzte Bradford sehr, dass dann die O-Line noch weiter geschwächt wurde (Ausfall Center Joe Berger und Tackle Jeremiah Sirles) hat die Situation natürlich auch nicht einfacher gestaltet. Es war insgesamt ein seltsames Spiel, indem beide Teams eigentlich gleich stark auftraten.

Defensiv wird es besser

Die Lions verfügen bei weitem über keine übermächtige Defensivabteilung, jedoch fängt das Rad langsam an zu funktionieren. Zwar musste man abermals Linebacker DeAndre Levy vorgeben, jedoch machte Tahit Whitehead ein unglaublich starkes Spiel, kam auf zwölf Tackles und war quasi überall zu finden. Rookie Myles Killebrew legte abermals eine Talentprobe ab. Zwar hatten die Lions zwischendurch starke Probleme in der Laufverteidigung, in den entscheidenden Momenten hielt die Defensive aber. Und Darius Slay macht’s im Zweifel dann schon. Wie auch gestern.

Bei den Vikings konnte man sich nach dem entschlossenen Opening-Drive der Lions auf den Gegner besser einstellen, vor allem nach der Pause sah man vieles von der starken Defensive der ersten Wochen. Man konnte Stafford in die Schranken weißen, schaffte es wieder Druck auf die Line aufzubauen, sackte den Spielmacher der Lions zwei mal. Anthony Barr und Eric Kendricks sind unfassbare Waffen in der Mitte. Cornerback Trae Waynes zeigte seine Stärken in der Passverteidigung, wurde aber auch das ein oder andere mal komplett gelinkt und hatte Glück, dass vor allem Lions Receiver Andre Roberts die tiefen Bälle nicht unter Kontrolle bringen konnte.

Schiedsrichter wieder fragwürdig

Neuer Spieltag, alte Kontroversen: die Schiedsrichter hatten auch in dieser Partie einige fragwürdige Momente. Gleich im ersten Drive der Vikings hatten die Defensive der Lions eigentlich zwei big plays erzielt, keines davon zählte. Zunächst sackte Defensive End Ziggy Ansah Sam Bradford und zwang ihn zum Fumble, den die Lions für sich entschieden. Die Schiedsrichter sahen sich das Play noch einmal an und entschieden (richtigerweise) auf einen incomplete Pass, die Vikings blieben also in Ballbesitz. Im darauffolgenden Play wurde ein Pass von Bradford auf Rookie Receiver Laquon Treadwell intercepted und für 71-Yards returnt. Die Schiedsrichter entschieden auf Pass Interference, ein wirklich brutaler Call, der mehr an die NBA als an die NFL erinnerte. Mit drei neuen Versuchen kamen die Vikings schließlich zum Ausgleich.

Später gab es noch weitere interessante Entscheidungen. Als die Lions kurz vor der Two-Minute-Warning in Hälfte eins einen vierten Versuch ausspielten und Ruuningback Zach Zenner vermeintlich zum First-Down lief, spotteten die Referees den Ball deutlich hinter dem eigentlichen Down. Jim Caldwell warf daraufhin seine zweite Flagge, sollte aber nicht recht bekommen. Dass sich die Schiedsrichter die Interception von Slay am Ende bzw. dessen Return nicht mehr genau ansahen, war dann nur die Krönung: Slay fumbelte nach seinem Turnover vermeintlich. Ob das Knie nun zuvor unten war, oder der Ball schon aus seinen Händen geschlagen wurde, haben die Schiedrichter offensichtlich in der zwölf-Sekunden-Review eindeutig erkannt. Äußerst interessant.

Laufspiel?

Die NFC North hat bis auf die Chicago Bears ein ziemliches Problem was das Laufspiel anbelangt. Sowohl die Vikings als auch die Lions konnten gestern zumindest ansatzweise mehr Erfolg über den Lauf erzielen. Minnesota hauptsächlich über Cardarrelle Patterson, Jerich McKinnon und Matt Asiata, der schlussendlich zum Touchdown lief. Insgesamt 82 Yards über den Boden, die meisten seit Woche sieben.

Die Lions liefen vergangene Woche gegen Jacksonville für satte 14 Rushing-Yards. Gegen die Vikings sollte alleine Matthew Stafford in vier versuchen auf dreißig Rushing-Yards kommen. Das war gestern seine große Stärke, in den spielentscheidenden Momenten behilet Stafford kühlen Kopf und ging im Zweifel selbst zu einem neuen First-Down. Insgesamt 94 Rushing-Yards.

Wie geht es weiter?

Entschieden ist noch lange nichts. Zwar haben die Lions jetzt die besten Playoff-Karten, dennoch wartet auf alle Mannschaften der NFC North noch ein schweres Restprogramm. Minnesota bekommt es nächste Woche mit den Dallas Cowboys zu tun, ehe man noch auf Jacksonville, Indianapolis und die Divisionsgegner Green Bay und Chicage trifft.

Die Lions starten die Mission Playoff nächste Woche gegen New Orleans, treffen dann auf die Bears, die Giants, ebenfalls die Cowboys und schlussendlich auf Green Bay.

Wer stoppt die Cowboys?

Die Dallas Cowboys bleiben das Team der Stunde. In einem heißen Divisionsduell gegen die Washington Redskins konnte man sich am Ende mit 31:26 durchsetzen. Zwischenzeitlich wurde es sehr eng, die Redskins waren drauf und dran ein Comeback in Stafford’scher Manier hinzulegen. Dak Prescott hatte wieder einmal etwas dagegen.

Dak gewöhnt sich langsam

Eigentlich ist es ziemlich frech das Wort “langsam” in Zusammenhang mit Dallas Quarterback Dak Prescott zu setzen. Der Rookie ist sicherlich viel, langsam aber nicht. Nachdem er gegen die Baltimore Ravens sein vermutlich bestes NFL-Spiel seiner noch jungen Karriere spielte, überzeugte Prescott gegen Washington vielleicht noch mehr. Zwar sehen die Zahlen unspektakulär aus (195 Yards, 17/24, ein Touchdown), die Art und Weise seines Spiels beeindruckte aber. Natürlich hat der junge Mann viel Zeit in der Pocket – die Line hält wie eine eins – dennoch muss man auch wissen, was man mit diesem Zeitgewinn anfängt. Prescott brachte die Bälle meist haargenau an den Mann, überzeugte mit seinem Laufspiel (was für ein Stiffarm; ein Touchdown) und audibled mehr und mehr. Er kommt in Fahrt.

Insgesamt sind die Cowboys unglaublich stark. Das muss man noch einmal betonen, Ezekiel Elliott ist mehr als nur eine (Fantasy)Bank. Gleich im ersten Drive erzielte der Runningback 47 Total Yards und lief zu seinem zehnten Touchdown. Er gewinnt fast jedes Duell gegen einen Linebacker, macht Yards after Tackle. Cowboys Receiver Dez Bryant und Redskins Cornerback Josh Norman sollten sich eigentlich ein heißes Duell liefern, Bryant entschied dieses Aufeinandertreffen aber klar für sich (72 Yards bei fünf Receptions). Der Trashtalk zwischen den beiden Spielern beschränkte sich nicht nur aufs Spielfeld, nach der Partie erwähnte Bryant, Washington sollte sein Geld zurückbekommen – ein Verweis in Richtung Norman, den die Redskins in der Offseason für viel (garantiertes) Geld verpflichteten.

Captain Kirk kommt einmal mehr zu kurz

449 Yards (41/53), drei Touchdowns, keine Interception – Kirk Cousins hatte einen unglaublichen Tag. Und ging am Ende doch als Verlierer vom Platz. Die Offensie funktionierte hervorragend, die Line hielt die ganze Zeit stand, Cousins wurde kein einziges mal gesacked. Er wurde schlichtweg von seiner Defensive im Stich gelassen, hätte man die Cowboys gestoppt, man hätte das Spiel gewonnen. Einziges großes Manko der Offensive von Cousins: Redzone. Die ganze Saison schon kann man im entscheidenen Spielabschnitt nicht die nötigen Punkte erzielen, so auch gegen Dallas, als man von fünf Besuchen nur zwei zu Punkten verwerten konnte (Hopkins verschoss zwei Field Goals).

DeSean Jackson hatte mit 110 Receiving-Yards inklusive Touchdown bei vier Receptions einen starken Tag und auch seine Freude mit Rookie Corner Anthony Brown. Dieses Matchup ging eindeutig an den Passfänger. Eine Sondermedaille verdient sich Tight End Jordan Reed, der nach einer Schulterverletzung schon mehr aus dem Spiel zu fallen schien. Reed biss die Zähne zusammen, kam auf 95 Yards (davon 85 Yards nachdem er sich die Schulter ausrenkte) und zwei Touchdowns. Er ist eindeutig das Herz dieser Offensive, egal was Vernon Davis, Jackson oder Jamisen Crowder (88 Yards) auch anstellen.

Washington spielte sehr aggressiv, ging auf vierte Versuche und wollte Dallas den Ball nicht unbedingt übergeben. Man versuchte Onside-Kicks, die man aber nicht für sich entscheiden konnte. Gutsy-Play und wichtig für die Cowboys, die sonst vermutlich unter noch ärgere Bedrängnis gekommen wären.

Das geht noch besser

Sowohl Dallas als auch Washington hatten vor allem in der Secondary enorme Probleme. Die Redskins verschliefen zudem noch den Start, als die Front Seven Elliott im ersten Drive mehr begleitete als wirklich attackierte. Später hatte man Elliott aber halbwegs unter Kontrolle. Rookie Kendall Fuller und eben Josh Norman konnten in der Secondary aber nichts entgegensetzen, waren schlichtweg überfordert. Missed-Tackles kamen auch noch dazu – ein wirklich schlechter Tag der Redskins.

Auch die Cowboys konnten der Offensive Cousins im großen nichts entgegensetzen, Morris Claiborne wird schmerzlich vermisst. Rookie Anthony Brown wusste nicht wirklich wie ihm geschieht.

Was bedeutet das?

Die Dallas Cowboys bleiben die Nummer eins in der NFC und definitiv das Team, das es zu schlagen gilt. Die Redskins stehen auf 6-4-1 in einer unglaublich starken Division und sind immer noch auf Playoff-Kurs.

Antonio Browns große Show

Die Pittsburgh Steelers schlugen im letzten Spiel des Abends die Indianapolis Colts deutlich mit 28:7. Es war die große Show des Antonio Brown, der drei Pässe von Ben Roethlisberger zu Touchdowns umwandelte.

Der Receiver hatte mit seinem Gegenspieler Vontae Davis eine unglaubliche Freude, gewann jedes Duell für 91 Yards und fast noch einen vierten Touchdown. Brown führt die Receiver jetzt vorerst mit zehn Touchdowns an. Die Verbindung zwischen ihm und Big Ben sucht ihresgleichen. Rothlisberger warf insgesamt für 221 YArds (14/20) und drei Touchdowns. Insgesamt muss man der O-Line der Steelers ein Kompliment aussprechen, sie verhalf Ben zur nötigen Zeit und öffnete abermals die Löcher für Le’Veon Bell der wieder einmal eine herausragende Partie absolvierte (120 Yards, ein Touchdown). Der Mix aus Lauf- und Passspiel funktioniert langsam aber sicher. Tight End Ladarius Green war mit 67 Receiving-Yards erstmals ein Faktor in der Offensive.

Tolzien alles in allem brav

Scott Tolzien, Ersatzmann für Andre Luck (Gehirnerschütterung), spielte eine ordentliche Partie: 205 Yards (22/36), ein Touchdown aber auch zwei Interceptions (tiefe Bälle). Die Zahlen mögen zwar anderes suggerieren, Tolzien vertrat Luck aber bestmöglich. Was ihm sicherlich nicht gut tat und wofür er auch nichts kann, sind die Bälle, die seine Receiver nicht fangen konnten. So lässt man seinen QB dann auch einfach sterben.

Prinzipiell sieht man aber, dass Luck das Herz dieser Offensive ist. Ohne ihren Franchise-QB funktioniert das Laufspiel nicht, die Line wirkte extrem schwach. Frank Gore, das Workhouse schlechthin erzielte 28 Yards bei 15 Versuchen. Was die Sache natürlich nicht einfacher machte, waren die Ausfälle von Rookie Center Ryan Kelly und Guard Denzelle Good. T.Y. Hilton und Vontae Davis (der von Antonio Brown so vernascht wurde) fielen ebenfalls aus. Es stand also ein ziemliches Lazarett auf dem Feld, das Coach Pagano dazu zwanf, einfallsreich zu werden: man spielte vierte Versuche aus und ging für einen Fake Punt, der auch funktionierte.

Defensiv Licht und Schatten

Die Defensive der Steelers konnte die Line und den Quarterback der Colts enorm unter Druck setzen. Man sackte Tolzien insgesamt drei mal. Obwohl Cam Heyward verletzt raus musste, stieg mit Rookie Javon Hargrave ein neues Gesicht hervor. Der Nose Tackle verzeichnete einen Sack und fünf Tackles. Überhaupt standen auf Seiten der Steelers verhältnismäßig viele Rookies auf dem Feld, Sean Davis und Artie Burns kamen ebenfalls auf fünf Tackles. Die Interceptions steuerten ein starker William Gay (zusätzlich noch ein Forced Fumble) und Mike Mitchell bei.

Die Colts brauchen dringend Verstärkung für den Pass Rush, den gibt es so nämlich derzeit nicht. Die Coverage von Davis haben wir hier schon angesprochen, defensiv ist noch viel Luft nach oben.

Und jetzt?

Die Steelers gewinnen ihr zweites Spiel in Folge und sind damit wieder an den Baltimore Ravens dran. Die Playoffssind logischerweise noch ein Thema, die kommenden Wochen (vor allem die Partie gegen die Giants und deren starker Defensive) dürfte mehr Aufschluss über den aktuellen Stand der Dinge geben.

Die Colts müssen einen leichten Rückschlag hinnehmen, haben aber das Glück in der vermeintlich schwächsten Division dieses Jahres zu spielen, in der das Playoff-Rennen eher dem eines Schneckenrennens gleicht. Kommt Luck wieder zurück, geht auch wieder deutlich mehr.