Super Bowl Review: Der ganz normale Wahnsinn

Super Bowl LI ist Geschichte! Ein wirklich denkwürdiges Spiel liegt hinter uns. Die New England Patriots kamen wie Phönix aus der Asche und holten sich nach zwischenzeitlichem 25-Punkte-Rückstand noch den Sieg gegen die Atlanta Falcons in der Verlängerung: 34:28 am Ende. Das haben wir vom Super Bowl gelernt:

Falcons marschieren vorne weg

Atlanta spielte vor allem in der Offensive wie man es gewohnt ist: schnell, unberechenbar, erfolgreich. In der ersten Hälfte zerstörte man die Patriots in allen Belangen, Matt Ryan konnte sein Team über das Feld und zu Punkten führen. Ryan kam insgesamt auf 284 Passing-Yards (17/23) und zwei Touchdowns, musste aber miterleben, wie auch ihn der Fluch der Regular Season MVPs nicht verschonte: in den letzten 18 Jahren erreichte sieben mal der Reg. Season MVP den Super Bowl, nur um ihn jedes mal zu verlieren. Für Ryan sollte es nicht besser laufen. Dabei lief es lange sehr gut, er konnte seine Mitspieler gekonnt in Szene setzen, brachte seine ersten acht Pässe für 138 Yards und einen Touchdown an. Hauptsächlich bediente er die Spielfeldmitte, an den Außenseiten ging meist wenig bzw. kam es nur zu geringem Raumgewinn. So auch in der (gibt es nur eine?) spielentscheidenden Situation: 5:56 Minuten noch auf der Uhr, Atlanta führt mit acht Punkten 28:20. Ryan führt sein Team von der eigenen zehn Yard Linie bis tief in die Hälfte der Patriots, ehe ihm das Spiel entgleiten sollte. Anstatt weiter mit Laufspielzügen Zeit von der Uhr zu nehmen, setzte Head Coach Quinn und Offensive Coordinator Kyle Shanahan weiter auf den Mix aus Lauf- und Passspiel. Die Line hielt nicht, Ryan wurde gesackt – zwölf Yard Raumverlust. Als dann auch noch Left Tackle Jake Matthews eine Holding-Strafe verursachte, stand man bei einem dritten Versuch und 23 Yards. Ryan spielte einen Pass nach außen, wollte noch das beste herausholen. Der Wurf kam nicht an, man war wieder in der Spielfeldmitte und statt einem Field Goal gab es einen Punt. Das wär der Sieg für die Falcons gewesen.

Die Performance von Ryan war wirklich gut, es haben einfach nur Nuancen gefehlt. Der Fumble war unnötig, er hätte den Ball früher loswerden müssen. Aber: hinterher ist man immer schlauer. Und wir als Couch-Quarterbacks sowieso.

Julio und Taylor funktionieren, Freeman das Zünglein an der Waage

Julio Jones (87 Yards-vier Fänge) dürfte einen der besten Catches in der Geschichte des Super Bowls gemacht haben, nur um am Ende als Verliere vom Platz zu gehen. Sah gut aus, hat dann aber nichts gebracht. So bitter kann dieser Sport sein. Jones wird sich noch diese Woche am Zeh operieren lassen, man hätte es gestern keinem Spieler mehr gegönnt als ihm. Man kann nur hoffen, dass ihm das Calvin Johnson/Larry Fitzgerald-Schicksal erspart bleibt. Taylor Gabriel (76 Yards-drei Fänge) wurde weitestgehend gedeckt, konnte nicht für den Unterschied sorgen. Austin Hooper wurde eingesetzt, kam auf 32 Yards und einen Touchdown.

Runningback Devonta Freeman hatte big plays, sowohl bei Lauf- als auch bei Passspielzügen, hatte aber maßgeblichen Anteil am kritischen Sack an Ryan, als er den Block gegen Dont’a Hightower nicht richtig setzen konnte und den Kürzeren zog. Es ist unfassbar, dass die Offensive im vierten Viertel nur noch ein Schatten ihrer selbst war und keinen einzigen Punkt verzeichnen konnte. Das Zeitmanagement muss man ansprechen, es war einfach nicht gut designed. Brian Quinn, Head Coach der Falcons, musste wieder einmal mitansehen, wie sein Team wegen Laufspielzügen am Ende als Sieger vom Platz ging – 2015 war er noch Defensive Coordinator der Seattle Seahawks. Da war ja auch was…

Defensive spielt bestes Spiel…

…und es reicht am Ende dennoch nicht. Der Pass Rush war unfassbar gut, Defensive Tackle Grady Jarrett sackte Brady alleine drei mal. Cornerback Robert Alford wäre bei einem Sieg der Falcons ein echter Kandidat für den Super Bowl MVP gewesen, er verteidigte bockstark und sorgte mit einem Pick-Six für die deutliche 21:3 Pausenführung. Und dann ist da noch Dwight Freeney, der ewige Freeney, der mit seinem Sack nicht nur zum ältesten Spieler eines Super Bowls wurde, sondern Brady insgesamt sechs mal in arge Bedrängnis brachte. Aber die Leistung stimmte nur drei Viertel lang, gegen Ende ging den Falcons der Saft aus, in der Overtime wurde man überrannt.

Brady unsterblich

Wenn nichts mehr geht und alles schon verloren scheint, findet Tom Brady und Coach Belichcik immer einen Weg um das Momentum an sich zu ziehen. Brady erlebte katastrophale drei Viertel, er war verzweifelt, saß auf der Bank wie ein begossener Pudel. Nur um dann wie Phönix aus der Asche zu steigen. Er konnte zunächst nicht mit dem Pass Rush der Falcons umgehen, wurde aus der Pocket gezwungen, brachte wenig Pässe für neue First Downs oder einen großen Raumgewinn an. Gerade als es schien, dass er von den jungen Spielern in der gegnerischen Defensive profitieren würde (man verlängerte einen Drive der Patriots drei mal durch Strafen), warf er den Pick Six auf Alford. Schier aussichtslos kämpfte er sich und seine Offensive in das Spiel zurück brachte schlussendlich 43 von 62 Pässe für 466 Yards und zwei Touchdowns an. Das sind alles neue Super Bowl Rekordzahlen. Als Atlanta ihn im vierten Viertel und in der Overtime gewähren ließ, nutzte er dies gnadenlos aus. Der fünfte Ring – kein QB hat jemals mehr erreicht.

Line überfordert und doch erfolgreich

Wie schon angesprochen, gerade zu Beginn des Spiels konnte die Line der New England Patriots nicht gegen die Defensivspieler der Falcons standhalten. Gegen Ende dann das gegenteilige Spiel, die Line hielt, Brady brillierte.

Die größte Waffe der Patriots war James White, der heimliche MVP dieses Spiels. Der Runningback kam auf 29 Rushing-Yards (zwei Touchdowns) und 110 Receiving-Yards (ein Touchdown). Seine Leistung und sein Wille waren einfach unglaublich vorbildhaft, aufgeben kennt er nicht. Julian Edelman erlöste jeden Patriots-Fan mit seinem unmöglichen Catch der das Momentum wohl endgültig auf die Seite New Englands zog – David Tyree ist vergessen.

Defensive überlebt

Komplett unter die Räder gekommen und dann doch erfolgreich verteidigt – so kann man das Spiel der Defensive zusammenfassen. Defensive End Trey Flowers steuerte 2.5 Sacks bei, inklusive jenem, der die Falcons aus der Field-Goal Zone katapultierte. Sein Partner Chris Long war sehr stark, spielte zwar in der ersten Halbzeit nicht viel, setzte aber die Line und Ryan unter Druck. Dont’a Hightower forcierte den Fumble an Ryan und sackte diesen auch einmal. Definitiv sein bestes Spiel in dieser Saison. Cornback Malcolm Butler wurde von Taylor Gabriel einmal übelst vernascht, auch später fiel er durch Strafen auf.

Die Saison ist damit beendet, das Endspiel war wahrlich sensationell, ein unfassbares Ende!

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