Die Offseason der NFL ist in vollem Gang. Die ersten OTAs (Organized Team Activity) und das erste drei-tägige Mini-Camp der Teams sind abgeschlossen. Allgemein lässt sich sagen, dass sich die OTAs nicht sonderlich vom Mini-Camp unterscheiden. Veteran-Spieler trainieren mit, die Rookies schnuppern erstmals NFL-Luft. Es sind die letzten Einheiten vor der Sommerpause, die mit in der letzten Juli-Woche mit dem Trainingslager ein Ende findet. Darf man viel in die Minicamps hineininterpretieren? Das kommt darauf an. Fast alle Teams vermeiden so weit es geht Körperkontakt und spielen ohne Pads– man will sich nicht unnötig verletzen. So sieht es derzeit bei eurer Mannschaft aus:
AFC East
Buffalo Bills:
Taylor und seine Jungs
Bills Quarterback Tyrod Taylor durfte bleiben (alles andere wäre auch ein echter Skandal gewesen), steht aber vor dem Problem nur vier seiner zwölf Receiver richtig zu kennen – acht Receiver kamen vorerst neu zum Team. Umso erfreuter zeigten sich alle Beteiligten nach dem dreitägigen Camp, Taylor sprach von einem deutlichen Fortschritt, einem besseren Team als noch zu Beginn der Trainingseinheiten. Man arbeite schon seit Anfang April (also noch vor dem Draft) eng zusammen, wolle sich besser kennenlernen – sowohl am als auch außerhalb des Feldes.
Neo Head-Coach Sean McDermott zeigte sich sehr zufrieden, lobte Rookie Zay Jones und Walt Powell für deren Speed. Der Passfänger der aber am meisten herausstechen konnte, war Raiders-Neuzugang Andre Holmes: “Er hat eine phänomenale Arbeit geleistet, nicht nur in der Offensive sondern auch in den Special Teams. Er ist konstant gut – bisher eine guter Neuzugang für uns. Ich schätze seine Führungsqualitäten sehr!”, sagte McDermott.
Das große Sorgenkind Sammy Watkins war ursprünglich nicht für die Mini-Camps vorhergesehen, man wollte nichts vor dem eigentlichen Camp Ende Juli riskieren. Planänderung, Watkins spielte am ersten Tag in einigen Team-Drills mit, führte sich selbst wieder langsam an das Spiel heran und konnte auch eine Reception verzeichnen. Wenn man sich was wünschen könnt, dann wärs eine Saison von Watkins ohne Verletzung.
Tre White überall
Dass Tre’Davious White einer der besten Cover-Corner der Draft-Klasse ist, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Wie es aussieht, ist White gekommen um zu bleiben. Nach seinen sehr starken Vorstellungen in den OTAs (an den letzten beiden dürfen Rookies teilnehmen) wurde er im Mini-Camp gleich ins kalte Wasser, sprich ins erste Team gestellt und überzeugte auf ganzer Linie. Seine Fähigkeiten sind unglaublich, er ist sehr intelligent, macht den fehlenden Speed/die fehlenden Zentimeter mit Antizipation wett. White brach Pässe oder interceptete Bälle. Welcome to the NFL little Tiger.
Plötzlich ein Kampf in der Line
Right Guard John Miller ist plötzlich nicht mehr unumstritten, er teilte sich die gesamten drei Tage über die Position mit Vladimir Ducasse. Letzterer kam erst in der Offseason zum Team, genießt das Vertrauen von O-Line Coach Juan Castillo – man kennt sich aus gemeinsamen Zeiten bei den Baltimore Ravens. Wie die Geschichte weiter geht, werden wir wohl erst im tatsächlichen Camp erfahren.
Linebacker rotieren
Es ist soweit. Endlich! Reggie Ragland kann endlich mittrainieren und sich auf seine erste volle NFL-Saison vorbereiten. Der Zweitrunden-Pick aus dem letztjährigen Draft spielt erstmals seit seinem Kreuzbandriss mit und stand hauptsächlich mit der zweiten Mannschaft am Feld. Preston Brown trainierte derweil mit dem ersten Team. Bleibt abzuwarten wie das weitergeht.
Sonst noch:
Hinter Taylor entbrennt ein Kampf um die Backup-Position. Mit T.J. Yates, Cardale Jones und Nate Peterman duellieren sich gleich drei Spielmacher. Yates ging als Sieger aus diesem ersten Dreikampf heraus. Er bekam die meisten Snaps, spielte sehr konstant. Jones sah am wenigsten, weniger noch als Rookie Peterman. Ob man das überinterpretieren soll? Das Camp wird es uns zeigen.
Shady McCoy wurde von einem Darmvirus heimgesucht und blieb dementsprechend dem Feld fern.
Zay Jones fängt nahezu jeden Ball. Charles Clay dürfte Taylors Option sein, wenn er unter Druck gerät. Der Tight End konnte sich in diesen Situationen vermehrt anbieten.
Miami Dolphins
Angeschlagen
Left Tackle Laremy Tunsil konnte am ersten Tag des Mini-Camps wegen einer Fußverletzung nicht teilnehmen, konnte aber zumindest am zweiten Tag individuell mittrainieren. In seiner Abwesenheit übernahm Sam Young den Part des Left Tackles, man ließ ihn mit der Starting-O-Line mittrainieren. Center Mike Pouncey und Defensive Tackle Nick Williams trainierten die meiste Zeit ebenfalls nur individuell.
Abwesend
Defensive Tackle Ndamukong Suh verpasste aus familiären Gründen den ersten Tag des Camps, nahm aber an Tag zwei und drei normal am Trainingsbetrieb teil.
Wow
Firstround-Pick Charles Harris lässt seine Teamkollegen erstaunt zurück. Der Pass Rusher verfügt über eine unglaublich starke Athletik, fällt aber vor allem wegen seines äußerst professionellem Auftretens auf. Ndamukong Suh lobte ihn ausdrücklich, Cameron Wake schwärmte von Harris als “sehr guten Spieler mit hohem Skillset. Er macht viele Dinge schon richtig.”
Sonst so:
Nicht mehr viel. Jarvis Landry hatte den ein oder anderen obligatorischen One-Handed-Catch, Xavien Howard verteidigte gut und Neo-Tight End Julius Thomas hatte seine schlechten Handschuhe an – er ließ einige Bälle fallen. Allerdings ist das jammern auf sehr hohem Niveau, Thomas überzeugte unterm Strich.
Jay Ajayi, DeVante Parker und Rashad Jennings waren zusammen mit Harris und Thomas die besten des dreitägigen Camps. Gute Ausgangsposition für das eigentliche Camp.
New England Patriots
Die Quarterbacks:
Tom Brady bleibt weiterhin ein sehr guter Quarterback. Sein Back-Up Jimmy Garoppolo, einer der begehrtesten jungen Spielmacher, tat sich bis jetzt schwerer als in den vergangenen Jahren – man kann sagen, es lief alles ein wenig unrund. Die durchwachsenen Leistungen noch nicht genug, verletzte sich Garoppolo am Fuß, konnte an den Drills nicht mehr teilnehmen (nur noch individuelles Training möglich).
Die Receiver:
Die Receiver der Patriots sind mit Julian Edelman, Kevin Hogan und Brandin Cooks – um nur einige Namen zu nennen – enorm talentiert. Alle drei präsentierten sich in guter Form, wobei vor allem Neuzugang Cooks seine Stärken dem Team präsentierte: der Speedster fing schwierige Bälle und gab einen kleinen Vorgeschmack darauf, was man sich von ihm bei den Pats erwarten darf. Malcolm Mitchell konnte noch nicht mittrainieren, ihn plagt eine nicht näher definierte Verletzung.
Die Cornerbacks:
Malcolm Butler und Stephon Gilmore kann richtig fies werden. Der Neuzugang aus Buffalo zeigte sich wie Cooks schon in sehr guter Verfassung und dürfte sich in den kommenden Wochen intensiv auf die neuen Aufgaben einstellen. Gilmore verpasste übrigens fast die Geburt seines Kindes, er unterschrieb gerade den Vertrag bei den Patriots als seine Tochter das Licht der Welt erblickte. Malcolm Butlers Vertragssituation bleibt ungünstig für ihn, auf dem Feld sieht aber alles wie immer aus. Eric Rowe stünde in jedem Fall bereit, sollten Butler oder Gilmore aus irgendeinem Grund nicht spielen können. Er bekam sehr viel Zeit mit dem ersten Team, sowohl außen als auch in der Slot. Man darf gespannt sein wie Bill Belichick ihn einsetzen will.
Der neue Tight End:
Dwayne Allen, ebenfalls Neuzugang (kam von den Colts), tat sich im Gegensatz zu Cooks und Gilmore noch schwerer, hatte viele Drops. Das hat natürlich nicht viel auszusagen – wir sind in den Minicamps – dennoch dürfte es ohnehin klar sein, dass Allen als Blocking-Tight-End und nicht als weitere Offensivwaffe zu sehen ist – zumindest nicht primär.
New York Jets
Turbulent, turbulenter, New York Jets. Nachdem man sich von fast allen Leistungsträgern trennte und sich im wirklich größten Umbruch aller Zeiten befindet, stellen sich natürlich viele Fragen – allen voran jene des Starting-Quarterbacks:
Christian Hackenberg zeigte in den OTAs und im Mini-Camp auf – hauptsächlich mit schlechten Bällen. Er traf Journalisten häufiger als seine Receiver, scheint immer noch nicht NFL-bereit zu sein. In den kommenden Wochen bis zum Camp und in weiterer Folge dann im Camp muss er sich deutlich steigern um den Starting-Posten zu erobern. Für Bryce Petty gilt dasselbe, derzeit ist Josh McCown die beste Option als Spielmacher. Head Coach Todd Bowles will sich aber vor dem eigentlichen Trainingscamp nicht auf eine klare Nummer eins festlegen.
Hoffnung durch Rookie
Firstround-Pick Jamal Adams ist die erwartete Verstärkung, dass kann man jetzt schon sagen. Im Mini-Camp zerstörte er seine Quarterbacks mit Interceptions und unterbrochenen Pässen, wusste durch eigenes Film-Studium viele Spielzüge der Offensive. Adams stand lautstark am Feld, integrierte sich also auf Anhieb im Team. Man kann ihm nur wünschen, dass die Jets in den kommenden Jahren ein halbwegs konkurrenzfähiges Team zusammenstellen.
Ansonsten warten wir das echte Camp ab um weitere Prognosen wagen zu können.
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AFC South
Houston Texans
Die Quarterbacks:
Tom Savage oder Deshaun Watson? Diese Frage gilt es noch zu klären. Beide spielten im Mini-Camp gut, hatten mehr Completions als Incompletions. Watson lernte das Team kennen, suchte des Öfteren seinen Superstar DeAndre Hopkins. Sowohl Savage als auch Watson überzeugten mit guten Ball Placement und auch Brandon Weeden konnte den ein oder anderen tiefen Ball bei einem seiner Mitspieler anbringen. Die Ausgangslage bei den Texans ist vielleicht gar nicht so schlecht, als man das noch vor ein paar Monaten vermutet hätte. Definitiv ist man froh, dass das Osweiler-Missgeschick jetzt der Vergangenheit angehört.
Die Receiver:
DeAndre Hopkins macht es seinen Quarterbacks – hauptsächlich Tom Savage – sehr leicht. Er separiert sich auch im Training von seinen Gegenspielern, versucht eine Chemie zwischen ihm und dem QB aufzubauen.
Tight End Stephen Anderson dürfte ein wichtiger Baustein in der Offensive der Texans werden, er überzeugt seit den ersten OTAs, setzt seinen Körper richtig ein, macht viele schwierige Fänge und ist ob seiner Größe für viele Linebacker ein Albtraum.
Bei den Texans lässt sich sonst nicht mehr viel sagen. Bill O’Brien hielt das Camp kurz, ließ hauptsächlich in kleinen Gruppen (7-7) spielen.
Indianapolis Colts
Die Quarterbacks:
Franchise-QB Andrew Luck ist nach Schulterverltzung immer noch nicht fit und konnte am bisherigen Offseason-Programm nicht teilnehmen. Bisher weiß man noch nicht, wann Luck wieder mit Wurfbewegungen zurückkommt, allerdings entwarnt Colts-Owner Jim Irsay leicht. Er betonte, dass die Operation gut verlaufen sei und keinerlei Komplikationen auftraten. Die Bälle während des Mini-Camps verteilte Backup-QB Scott Tolzien.
Die Line:
Irsay betonte, dass die Line – eine der katastrophalsten der Liga, blickt man auf Lucks-Sacks-Bilanz – nun in Ordnung gebracht wurde. Demnach würde die Line aus Anthony Castonzo (LT), Jack Mewhort (LG), Ryan Kelly (C), Joe Haeg (RG) und Le’Raven Clark (RT) bestehen. Ob das bis zum Saison-Start so bleibt, stellt sich erst nach dem Camp heraus.
Die Neuen:
Jon Bostic wurde erst kürzlich verpflichtet, spielte vergangene Saison bei den Detroit Lions auf Grund einer Fußverletzung kein einziges Spiel. In den bisherigen Trainingseinheiten konnte sich Bostic aber einen Namen machen, gilt als Favorit für die Inside-Linebacker-Position.
Rookie-Cornerback Quincy Wilson zeigt sich bisher von seiner besten Seite, fällt mit starkem Spiel auf. Allerdings ist ein Starting-Posten für ihn noch nicht garantiert. Aber solche sind in der jetzigen Phase ohnehin nur in den wenigsten Fällen schon vergeben.
Die Verletzungen:
Die Colts werden von Verletzungen geplagt. Safety Clayton Geathers musste sich im März am Nacken operieren lassen, wann er zurückkehrt steht noch nicht fest. Rookie Malik Hooker (Muskelverletzung) konnte an den Mini-Camps noch nicht teilnehmen, seine Rückkehr wird zum Camp erwartet. Defensive Tackle Hassan Ridgeway konnte ebenfalls an keinen Übungen bisher teilnehmen. Das große Problem an der Sache wartet im Camp: Coach Chuck Pagano ist sich noch nicht sicher, ob er Tackling-Football spielen lassen will. Die Colts hatten im vergangenen Jahr Probleme mit dem Tackling, allerdings auch viele Spieler, die schwerer verletzt waren bzw. häufig angeschlagen sind. Pagano muss noch einen guten Mix finden.
Jacksonville Jaguars
Der Quarterback:
Blake Bortles ist natürlich eine DER Geschichten in der Offseason. Die abgelaufene Saison verlief katastrophal, sein Spiel stagnierte. Ihn wieder auf Vordermann zu bringen ist das große Ziel. Nach dem Camp sagte QB-Coach Scott Milanovich, dass er mit Bortles Spiel zufrieden ist. Man bekomme die Mechanik in den Griff. Bortles begab sich sofort nach der Regular Season mit seinem persönlichen QB-Coach in Richtung Kalifornien, wo er zwei Monate an seiner Technik arbeitete. Dasselbe will er bis zum Start des Camps Ende Juli noch einmal machen. Man versucht also alles, Bortles weiß, dass es für ihn in der kommenden Saison um alles geht.
Der Runningback:
Rookie Leonard Fournette wird der Dreh- und Angelpunkt der Jaguars-Offensive. Das sah man auch schon im Mini-Camp, man spielte viele Laufspielzüge, versuchte die ersten Teile miteinander zu verbinden. Fournette ist voll fit, im Camp dürfte man das Playbook dann richtig trainieren und sehen, wie er Bortles entlasten kann.
Der neue Tackle:
Branden Albert meldete sich zu Dienst. Der Tackle kam von den Miami Dolphins und nahm an allen Drills teil. Ob er Starter wird, ist derzeit noch nicht garantiert – er soll sich mit Rookie Cam Robinson um die Stelle duellieren.
Sonst so:
Die beiden Safeties Tashaun Gipson und Barry Church konnten an den Team-Drills nicht teilnehmen, trainierten aber individuell.
Jaguars-Defensive Coordinator Todd Wash ist mit der Entwicklung von Myles Jack äußerst zufrieden. Der Linebacker wird demnach in die Mitte verschoben, konnte dort bisher überzeugen. Jack, dessen Knie eine höhere Draft-Position vergangenes Jahr verhinderte (erst zweite Runde), gilt als eines der größten Talente der vergangenen Jahre.
Cornerback Jalen Ramsey unterzog sich einer Muskel-Operation, nachdem er sich im Training verletzte (Rumpf). Er sollte bis zum Saisonstart wieder fit sein.
Tennessee Titans
Der Quarterback:
Schon seit Mai nimmt Marcus Mariota nach Beinbruch wieder an den Trainingseinheiten der Titans teil, er macht von Woche zu Woche gute Fortschritte. Im Mini-Camp spielte er hauptsächlich in 7-7 Drills, was ihn langsam wieder an das höhere Tempo heranführen soll. Sein Ballplacement ist sehr gut, seine Beinarbeit wird stetig besser.
Die “neue” Waffe:
Über Runningback Derrick Henry haben wir in der vergangenen Zeit öfter gesprochen, er scheint in der kommenden Saison eine größere Rolle in der Offensive der Titans zu erhalten. Henry dürfte noch athletischer geworden sein und wurde im Mini-Camp häufig als Passfänger eingesetzt – auch bei tiefen Bällen (ca. 40 Yards). Wenn man das etablieren könnte…
Die neue Waffe:
Rookie-Receiver Corey Davis konnte nach Knöchelverletzung endlich mit dem Team trainieren und ließ jeden erstaunen. Davis war überall, fing nahezu jeden Ball, niemand konnte ihn verteidigen. Im eins gegen eins wird es für Gegenspieler enorm schwer gegen ihn.
Sonst so:
Outside Linebacker Kevin Dodd erholt sich von seiner Fuß-Operation planmäßig. Er kann mittlerweile vereinzelt voll laufen und sollte bis zum Camp wieder bei 100% stehen.