Cleveland Browns – für immer erfolglos?

Die Cleveland Browns haben auch nach vier Spieltagen immer noch nicht gewonnen. Wieder einmal. Viele Football-Anhänger witzeln über das Team aus Ohio, ob der Erfolglosigkeit. Andere Fragen nach den Gründen: wie kann es sein, dass eine Franchise so dermaßen nicht in die Gänge kommen will. Eine Spurensuche und Chronik des Leidens:

Zu Beginn des Textes muss dem Leser klar sein: die Cleveland Browns sind ein wilder Haufen. Jegliche Kontinuität wurde auf Grund von Erfolglosigkeit abgewürgt. Das Team ist ein einziger Umbruch. Seit 1999 haben die Browns neun verschiedene Head Coaches, 26 verschiedene Quarterbacks, drei verschiedene Owner, sieben unterschiedliche General Manager und 21 First-Round-Picks (bei 17 Spielzeiten) verbraten. Nur einmal konnte man in die Playoffs einziehen. Man verzeihe eventuelle Wiederholungen oder jegliche Unordnung.

Am Anfang war ein Umzug

Dezember 1995. Die Cleveland Browns spielen ihr letztes Heimspiel der Saison. Zu Gast ist der Divisionsrivale aus Cincinnati. Die Play-Off Träume sind schon lange gestorben. An diesem Tag wären sie ohnehin nur nebensächlich gewesen. Das Spiel der Browns gegen die Bengals sollte das letzte NFL-Spiel für vier Jahre sein. Browns Owner Art Modell hatte schlichtweg die Lust an Cleveland verloren und sehnte nach noch mehr Geld. Vor allem ging es um ein neues Stadion – wie immer, wenn Owner das Wort “Relocation” in den Mund nehmen. Dieses wollte er in Baltimore finden. Er transferierte also einfach seine Browns nach Maryland und gründete zur Saison 1996 die Baltimore Ravens. Das kam überraschend. Und beeinflusst die Browns bis heute.

Denn Jahre zuvor (1991) verpflichtete man einen gewissen Bill Belichick als Head Coach. Belichick kam als Defensive Coordinator von den New York Giants, dem frisch gekürten Super Bowl Sieger, und sollte endlich für Erfolg in Cleveland sorgen. Schon damals wurde Belichick seinem Ruf als Trainer-Guru gerecht, er entwickelte ein damals neuartiges Trainergebilde inkl. vieler Scouts. Das sollte sich auf dem Platz langsam bemerkbar machen: zwar schafften es die Browns unter Belichick erst im vierten Jahr zu einem positiven Record, dennoch galt man vor allem in der Saison 1995 als einer der großen Mitfavoriten für den Superbowl. Die Saison startete mit einer Niederlage gegen die New England Patriots ehe man die nächsten drei Spiele allesamt gewann. Es folgte ein Einbruch, zur Saisonhälfte stand das Team bei einem Sieg-Niederlagenverhältnis von 4-4. Am Tag nach der vierten Niederlage, verkündete Browns Owner Modell, dass die Franchise kommende Saison in Baltimore spielen würde. Von dieser Nachricht getroffen, verlor die Mannschaft bis auf jenes gegen die Bengals – dem letzten Heimspiel – alle restlichen Partien. Die Fans tobten wegen des nahenden Umzugs und randalierten beim letzten Heimspiel so sehr, dass die Browns ihre gesamten Offensiv-Spielzüge auf die Seite des Gegners spielen mussten. Stühle flogen, Stahlbalken wurden entwendet, sogar Feuer wurde gezündet. Auch wenn die Browns das Spiel gewannen, der Hass der Fans auf Owner Modell war endlos. Belichick durfte nicht mit nach Baltimore sondern wurde von Modell via Telefonat entlassen.

Der turbulente Neuaufbau

Cleveland konnte sich aber mit der NFL einigen, dass zumindest die Namensrechte in der Stadt blieben. Es ging sogar noch weiter und man arrangierte ein Abkommen, dass die Browns drei Jahre lang als “inaktiv” führte, ehe man zur Saison 1999 wieder in den aktiven Ligabetrieb einstieg. Dies war möglich da Cleveland ein neues Stadion baute, allerdings spielte erstmals seit 1966 eine ungerade Zahl von Mannschaften in der NFL – 31 (das sollte bis 2002 und dem Einstieg der Houston Texans so bleiben).

Übernommen wurde das Team von Al Lerner, einem Banker aus Cleveland. Lerner war nicht unumstritten, schließlich half er seinem Freund Art Modell mit dem Umzug der alten Browns nach Baltimore. 1998 kaufte Lerner die Browns für die damalige Rekordsumme von 530 Millionen Dollar. Lerner holte mit Carmen Policy (CEO) und Dwight Clark (General Manager) vermeintlich Erfolg ins Team – beide waren an den erfolgreichen Zeiten der San Francisco 49ers maßgeblich beteiligt.

Sportlich bestand das Team aus vielen jungen und sehr vielen unerfahrenen Spielern. Man holte meist Ergänzungsspieler aus allen möglichen Franchises, als Head Coach sollte Chris Palmer fungieren. Palmer war zuvor Offensive Coordinator bei den Jacksonville Jaguars unter Tom Coughlin und sollte der footballverrückten Stadt neues Leben einhauchen. Als Gesicht der neuen Franchise sollte Quarterback Tim Couch dienen, er wurde von den Browns im Draft an erster Stelle gewählt. In Couch wurden hohe Erwartungen gesteckt, die er aber nicht erfüllen konnte.

Das erste Spiel der “neuen” Browns ging vor eigenem Publikum deutlich mit 43:0 gegen den großen Rivalen aus Pittsburgh verloren. Couch übernahm in Spiel zwei, konnte aber weitere sechs Niederlagen nicht verhindern. Erst gegen die New Orleans Saints in Spieltag acht feierte man den ersten Erfolg. Natürlich ein spezieller Sieg, er beinhaltet aber noch einen weiteren legendären Moment. Couch warf buchstäblich in letzter Sekunde einen Hail-Mary-Pass für den Sieg. Nach einem Sieg gegen die Steelers wars das aber auch schon wieder und die Browns beendeten die Spielzeit mit einem Record von 2-14. Aber immerhin hatte man wieder den ersten Pick im kommenden Draft. Unter Palmer konnten die Browns keinen Erfolg erzielen, nach zwei katastrophalen Saisonen war für ihn dann Schluss. Butch Davis übernahm als Head Coach.

Davis sollte bis dato der erfolgreichste Browns Coach der neuen Franchise werden (siehe Tabelle unten). Er schaffte es auch als erster und einziger der insgesamt neun Head Coaches der neuen Browns das Team in die Playoffs zu führen: 2002 mit einem Record von 9-7. Allerdings war in der ersten Runde der Post-Season schon wieder Schluß. In einem denkwürdigen Spiel verloren die Browns wieder einmal auf sehr eigenwilligen Weg mit 36:33 gegen die Pittsburgh Steelers – man führte die Partie zwischenzeitlich mit einem Vorsprung von 17 Punkten an. Während dieser Saison starb auch Owner Al Lerner weshalb sein Sohn Randy für ihn übernahm. Coach Davis konnte nicht mehr an diesen Erfolg anknüpfen und trat während der Saison 2004 zurück. Offensive Coordinator Terry Robiskie sprang interimistisch ein.

Browns Saison-Records seit 1999

Mit dem Abgang von Davis war neben dem Head Coach Posten auch jener des General Managers frei geworden. Romeo Crennel – zuvor Defensive Coordinator der New England Patriots – wurde als Head Coach bestellt, Phil Savage wurde just von den Baltimore Ravens als GM abgeworben. Das Duo konnte zunächst ebenfalls keinen Erfolg einfahren, ehe man in die Saison 2007 überraschend mit einem positiven Record von zehn Siegen und sechs Niederlagen beendete. Dennoch ging es sich nicht für die Playoffs aus, man war sich aber sicher endlich auf dem richtigen Dampfer zu sein. Mit satten sechs Pro-Bowlern wollte man Spitzenteams angreifen und sich als Geheimfavorit positionieren. Das gelang zum Teil auch, 2008 gewann man beispielsweise gegen den Super Bowl Sieger aus New York. Verletzungen verhinderten aber mehr, die Browns schlossen die Saison mit 4-12 ab, wurden zwei mal zu null besiegt, verbrauchten insgesamt vier Quarterbacks und das Duo Savage/Crennel musste seinen Platz räumen.

Browns Head Coaches seit 1999

Eric Mangini kam als neuer Head Coach, General Manager wurde George Kokinis. Letzterer wurde auf Grund des katastrophalen Starts (1-7) entlassen, Magnini übernahm beide Posten. Nach einem “Lauf ” von 1-11 konnte man später aber wenigstens noch vier Spiele hintereinander gewinnen und die Saison mit 5-11 beenden. Magnini musste dennoch zum Ende der Saison 2010 seinen Platz räumen. Zu dieser Zeit wechselten im Front Office auch jährlich die Sitze: neue Präsidenten setzten neue General Manager ein, diese wiederum neue Trainer usw. Pat Shumur kam von den St. Louis Rams und beendete seine erste Saison 2011 mit 4-12.

Randy Lerner verkaufte das Team 2012 an Jimmy Haslam womit der jährliche Wahnsinn wieder aufs neue begann: seit 2012 hat Haslam quasi jährlich einen neuen General Manager eingesetzt, 2016 ist mit Paul DePodesta bereits der vierte GM in der Haslam-Ära im Einsatz. Shumur wurde zum Ende der Spielzeit 2012 entlassen, seine Nachfolger Chuduinski und Mike Pettine konnten ebenfalls nicht lange bestehen. Die Hoffnungen liegen ganz in Hue Jackson, dem aktuellen Coach der Browns. Jackson kam als Offensive Coordinator von den Cincinnati Bengals, mit ihm soll es endlich klappen. Zudem versuchen die Browns mit einem eigenen Draftsystem ähnlich jenem von “Money Ball“, den ein oder anderen Coup zu landen (DePodesta kam als langjähriger Baseball-Funktionär).

 

Weiter zu “Die Suche nach dem Messias”:

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