seNFLs Top 50: Jordan Hicks

Die Philadelphia Eagles. Ein Team, dass nur in zwei Richtungen polarisiert: lieb es oder es interessiert dich nicht. Noch nie konnte man einen Super Bowl gewinnen, in der starken NFC East ist wenig Platz für eine Mannschaft die sich noch sucht und durch häufige Trainerwechsel auffällt. Aber es gibt auch absolut herausragende Spieler bei den Eagles: Jordan Hicks ist einer davon.

Kellys Wahnsinn

Als Chip Kelly 2013 nach Philadelphia kam, waren die Erwartungen und Hoffnungen sehr hoch. Er hatte als Coach der Oregon Ducks begeistert, ließ eine ganz eigene Form von Football spielen und sollte diesen in der NFL bei den Eagles etablieren. Die Leistungen stimmten, als erst zweiter Head Coach in der Liga-Geschichte konnte Kelly in seinem ersten Jahr den Division-Titel gewinnen und so in die Playoffs einziehen (wo gegen die New Orleans Saints Schluss war). Ein Jahr später konnte man den gleichen Record einfahren (zehn Siege, sechs Niederlagen), man verpasste aber die Qualifikation zur Post-Season. 2015 erfolgte dann der folgenschwere Schritt von Owner Jeffrey Lurie, der Kelly auch zum “Head of Football Operations” machte und damit für praktisch alles allein zuständig war. Es sollte das letzte Jahr von ihm in Philadelphia werden, er konnte die Mannschaft nur auf sieben Siege und neun Niederlagen führen. Auf die Vorbereitungen auf die Spielzeit 2015 wollen wir näher eingehen.

Die Eagles waren ein Contender. Zwei Spielzeiten in Folge mit einem 10-6 Siegesverhältnis verhindern obligatorisches Tiefstapeln, man hört seinen Namen öfter im Zusammenhang mit dem ganz großen Wurf. Kelly tat logischerweise alles um der Stadt der brüderlichen Liebe endlich die Vince Lombardi Trophy präsentieren zu können, baute das Team gehörig um. Noch vor dem NFL Draft 2015 verschiffte er Quarterback Nick Foles – der bei den Eagles wirklich sehr ordentlich spielte – im Austausch mit Sam Bradford nach St. Louis. Ein kontroverser Trade, den viele Eagles-Fans bis heute nicht wirklich verstehen können/wollen. Darüber hinaus, tauschte er einen der besten Runningbacks – LeSean McCoy – für einen seiner ehemaligen College-Spieler – Kiko Alonso – nach Buffalo. Ein ebenfalls äußerst kritisierter Move. Aber Kelly konnte DeMarco Murray ins Team holen, den zum damaligen Zeitpunkt Rushing-Leader der NFL. Und der Draft stand noch an.

Und nach zwei Jahren kann man sagen: das war ein Totalausfall. Kelly versagte auf ganzer Linie. Man wählte in der ersten Runde Nelson Agholor, einen Receiver der am College überzeugen konnte, in der NFL aber nicht müde wird, wirklich jeden Ball in seine Richtung fallen zu lassen. Zweitrunden-Pick Eric Rowe wurde vergangenen September Richtung New England abgegeben werden und dort zum Nummer zwei Cornerback mutieren – klassischer Belichick-Move, natürlich gewann Rowe dort schon einen Super Bowl. Viertrunden-Pick JaCorey Shepherd plagten Verletzungen, er ist derzeit Free Agent, Randall Lemont Evans ist ebenfalls nicht mehr im Team, er konnte gar nie wirklich in der NFL Fuß fassen. O-Liner Brian Mihalik schaffte es nie in die Mannschaft, spielt mittlerweile bei den Pittsburgh Steelers. Bleibt noch Drittrunden-Pick Jordan Hicks. Und mit ihm konnte man einen Volltreffer landen.

Be humble

Dabei war die Auswahl von Hicks eher überraschend, hatten die Eagels doch mit Mychal Kendricks und DeMeco Ryans schon zwei Inside-Linebacker im Team, Kiko Alonso kam noch dazu – wo sollte im 3-4 System für Hicks Platz sein? In den ersten Trainingseinheiten konnte Hicks vollends überzeugen, man rechnete mit ihm – allerdings nur in den Special Teams. Er müsse sich erst beweisen um Backup für einen der etablierten Linebacker zu werden.

Im Leben des Jordan Hicks zieht sich ein Wort durch: humble. Demut. Seine Mutter hat ihm das immer gepredigt und Hicks hat es verinnerlicht. Schon früh war Hicks außergewöhnlich, an der High School gewann er den Butkus-Award für den besten Linebacker des Jahres, bei seiner Zeit an der Universität von Texas wurde er zwei mal ins All-Academic Big-12-Team gewählt und war Halbfinalist des Bednarik Awards (ebenfalls eine Auszeichnung für den besten Linebacker). Als sich sein Traum 2015 erfüllte und er im NFL Draft ausgewählt wurde, änderte sich für ihn nicht viel. Er blieb demütig und arbeitete weiterhin hart an sich.

Fragt man über Hicks nach, bekommt man immer dieselbe Antwort: er ist ein unglaublicher Athlet und hat eine unfassbare Einstellung dem Football gegenüber. Sowohl im Kraft- als auch im Filmraum. Warum fiel ein so talentierter Spieler wie Hicks in die dritte Runde? Verletzungen plagten ihn seine gesamtes Football-Leben über. 2012 setzte ihn eine Hüft-Verletzung außer Gefecht, 2013 riss er sich die Achillessehne. Aber er kam immer wieder zurück, gab nicht auf, trainierte härter als jeder andere und verfügt über einen “speziellen” Football-IQ, zumindest äußern sich seine Coaches so über ihn. Hicks Instinkte ließen ihn zu Erfolgen kommen, auch wenn er nicht die idealen Körpermaße für seine Position aufweisen kann. Verantwortlich für seine Football-Verständnis macht Hicks seinen ehemaligen Defensive Coordinator an der High School: “Er hat mir das Spiel beigebracht. Wenn jemand über mich sagt, dass ich ein schlauer Spieler bin, dann liegt das an ihm.”

Hicks brauchte nicht lange um im Team für Furore zu sorgen. Umstellungen sind für ihn kein Problem, am College hatte er nahezu jedes Jahr einen neuen Defensive Coordinator oder einen neuen Linebacker-Coach. Nach nur wenigen Wochen war er fester Bestandteil der Mannschaft, nicht nur auf Grund seiner starken Leistungen sondern auch auf Grund der Verletzungen von Mychal Kendricks und Kiko Alonso. In Woche zwei der Saison 2015 gab Hicks sein Debüt gegen die Dallas Cowboys und Tony Romo. Sein Debüt war herausragend: sieben Tackles, ein erzwungener Fumble und ein Sack – der Romos Schlüsselbein zum brechen brachte. Der Drittrunder Hicks war in der NFL angekommen. Und blieb weiterhin demütig.

Zahlenmonster

2015 blieb Hicks fixer Bestandteil der Eagles-Defensive, wurde aber auch in diesem Jahr nicht von Verletzungen verschont (Brustmuskelverletzung) und musste nach Woche neun seine erste NFL-Spielzeit frühzeitig beenden. Zu diesem Zeitpunkt führte er Philadelphia in der Tackling-Wertung an. Allerdings konnte er in den acht Spielen zwei Interceptions (ein Pick-Six), einen Sack, drei unterbrochene Pässe und einen erzwungenen Fumble (er konnte zusätzlich noch einen Ball recovern). Kiko Alonso wurde nach nur einem Jahr schon wieder nach Miami abgeschoben, in Hicks hatte man einen Nachfolger gefunden. 2016 konnte er an allen Partien teilnehmen und mauserte sich zum besten Coverage-Linebacker der Liga.

Satte fünf Bälle fing er ab, drei Fumbles wurden von ihm aufgenommen, 85 Tackles und einen Sack vollbrachte er in seiner zweiten Saison. Kein anderer Linebacker kam auf mehr Interceptions als Hicks, in seinen ersten beiden Spielzeiten bzw. in seinen ersten 24 Spielen kam er auf insgesamt sieben Picks – der einzige Spieler dem das in jüngerer Vergangenheit gelang ist Thomas Davis: und der benötigte 32 Spiele dafür.

Dank Marcus Peters wurde er in der Wahl zum Defensive Rookie 2015 Zweiter, dass er 2016 aber nicht eine einzige Stimme für ein All-Pro-Team verzeichnete, wunderte umso mehr. Zum Vergleich die Tabelle der ins Team berufenen Linebacker:

NameTeamSolo-TacklesInterceptionsForced FumblesSacks
Von MillerDenver Broncos620313.5
Bobby WagnerSeattle Seahawks85104.5
Sean LeeDallas Cowboys93000
Luke KuechlyCarolina Panthers71112
Jordan HicksPhiladelphia Eagles58501

Darauf angesprochen sagte Hicks: “Mit der Zeit wird die Anerkennung schon kommen. Es ist ein Prozess, du musst die einen Namen machen, ein gutes Jahr haben. Aber am Ende des Tages fokussiere ich mich auf mein Team und auf die Defensive. Ich will sicherstellen dass wir so gut wie möglich spielen. Und wenn wir das machen, dann kommt alles andere noch dazu – wenn ich für mein Team und meine Defensive so gut wie möglich sein kann, wird alles weitere folgen.” Wieder einmal – demütig.

Hicks ist kein Mann der sich in den Vordergrund stellt. Er ist viel mehr ein absoluter Teamplayer der am Feld alles gibt was er hat und sich komplett in den Dienst der Mannschaft stellt. Andere Spieler mögen auffallen, Von Miller etwa wäre das krasse Gegenbeispiel zu Hicks außerhalb des Platzes. Die Eagles verfügen über eine starke Defensive, Brandon Graham und Fletcher Cox gehören zu den besten D-Linern in der NFL, dahinter warten mit Hicks, Kendricks und Nigel Bradham starke Linebacker. Mit Derek Barnett kam im Draft noch ein Defensive End ins Team, mit Sidney Jones, einem der besten Cornerbacks der Klasse, konnte man einen Steal in Runde zwei vollziehen (auch wenn Jones noch auf Grund eines Achillessehnenrisses ausfällt).

Die NFC East ist enorm umkämpft. Mit Jordan Hicks haben die Philadelphia Eagles einen Playmaker in ihren Reihen, der noch nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die er sich verdient hätte. Aber wie immer gilt: Demut wird irgendwann belohnt.

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