Wildcard-Vorschau: Houston Texans – Oakland Raiders

Im ersten Spiel der NFL-Playoffs 2016 empfangen die Houston Texans die Oakland Raiders. Eine Partie, die eher den Namen “Invaliden-Bowl” denn Wildcard-Game tragen sollte. Das erwartet uns:

Wer wirft?

Die Houston Texans haben ein Problem, man könnte sagen: alles riskiert, viel verloren. Als man in der Offseason Brock Osweiler von den Denver Broncos verpflichtete und mit einem Vierjahresvertrag ausstattete, war man sich sicher – das ist unser Mann, das ist unser Franchise-Quarterback, der in den kommenden Jahren für Furore sorgen wird. Eine nicht unbegründete Annahme, Osweiler vertrat vergangenes Jahr Peyton Manning mehr als gut bei den Broncos, er zeigte seine Stärken. Als man ihn bei den Broncos nicht verlängern wollte (General Manager John Elway hatte ziemliche Bauchschmerzen den jungen Mann ordentlich Geld zu zahlen), schlugen die Texans zu – ohne auch nur einmal mit Osweiler persönlich gesprochen zu haben. Die Tinte des 72-Millionen-Dollar Vertrags (37 Millionen garantiert) war noch nicht richtig trocken, da kamen schon Zweifel auf: kann Osweiler ein Team führen? Wie weit ist er wirklich schon? Osweiler hatte vor seinem Engagement in Texas gerade einmal sieben Karrierestarts auf dem Buckel, er würde also in seine erste volle Saison gehen. Im Jänner 2017 kann man sagen: der Schuss ging nach hinten los. Osweiler konnte nicht überzeugen, wurde in Woche 15 gar auf die Bank verdonnert. Zwar stehen die Houston Texans in den Playoffs, das ist aber mehr der schwachen Division (AFC South) zu Schulden, als der Leistung von Osweiler.

Tom Savage fungiert seitdem als Starting-QB, ein Viertrundenpick aus dem Draft 2014 und spielt nicht wirklich viel besser als Osweiler. Just im letzten Spiel der Regular Season gegen die Tennessee Titans musste Savage mit einer Gehirnerschütterung vom Feld. Noch steht nicht fest, ob er von den Ärzten das OK für den Start gegen Oakland bekommt. Spielt Savage nicht, ist Osweiler an der Reihe. Vielleicht hat er sich das beste für den Schluss aufbehalten.

Auf Seiten der Raiders ein ähnliches Bild. Derek Carr, die unumstrittene Nummer eins und lange Zeit im Rennen um den Most Valuable Player (MVP) der Regular Season, brach sich in Woche 16 gegen die Indianapolis Colts das Wadenbein. Eine Rückkehr heuer, auch bei einem Erreichen des Super Bowls der Raiders, würde einem Wunder gleichkommen. Der Freude der Fans der Raiders über die Rückkehr in die Postseason nach 14 Jahren steht die Trauer um Carr gegenüber. Das Herz der Raiders-Offensive fällt also definitiv aus.

An seine Stelle rückt Matt McGloin, seines Zeichens ständiger Backup-Quarterback, der vor allem in der Preseason seine Stärken unter Beweis stellen konnte. Der “Preseason-King” hatte aber auch kein Glück, er verletzte sich im letzten Spiel der Regular Season gegen die Denver Broncos an der Schulter, konnte nur eine knappe Halbzeit spielen. Next up, der nächste QB im Kader der Raiders ist Rookie Connor Cook. Cook wurde von den Raiders in der vierten Runde des NFL-Drafts 2016 ausgewählt und muss vermutlich ins kalte Wasser springen. Für den Fall, dass McGloin nicht fit werden sollte, verpflichteten die Raiders Garrett Gilbert, einen Free-Agent, der vergangenes Jahr schon beim Team mittrainierte.

Beide Mannschaften plagen also Probleme auf der Spielmacher-Position.

Edit: Brock Osweiler und Connor Cook werden für ihre Teams starten.

Wie schaut’s sonst offensiv aus?

Die Houston Texans hätten eine richtig starke Offensive. Hätten, weil sie heuer noch kein QB richtig einsetzen konnte. Lamar Miller ist die unangefochtene Nummer eins im Backfield der Texans, oft agiert der Runningback als Lebensversicherung. Die Receiver-Positionen sind mit Wide-Receiver-Superstar DeAndre Hopkins und Rookie Will Fuller durchaus stark besetzt, gerade Hopkins erlebt aber eine mehr als unglückliche Saison, da die meisten Bälle in seine Richtung abgefangen werden.

Die Offensive-Line der Texans befindet sich im unteren Liga-Mittelfeld: man ließ 32 Sacks zu (der QB wurde vom gegnerischen Team 32 mal zu Boden gerissen), 97 mal wäre es fast passiert (Hits – der QB hat den Ball gerade noch rechtzeitig weggeworfen), für die Runningbacks konnte man acht mal ein Loch für einen Touchdown aufreißen. Generell ist die Leistung der Line also noch ausbaufähig.

Auf Seiten der Raiders funktionierte mit Carr lange nahezu alles. Das Receiver Duo bestehend aus Amari Cooper und Michael Crabtree gehört mit zum Ligabesten, beide kamen heuer auf über 1.000 Receiving-Yards (Cooper: 1.153 – fünf TDs; Crabtree: 1.003 Yards – acht TDs). Beide muss man mit Bällen füttern, dann ist man brandgefährlich. Im Backfield der Raiders etablierte sich gegen Ende der Saison ein Runningback Trio aus Latavius Murray (788 Yards, zwölf TDs) und den Rookies Jalen Richard (491 Yards, ein TD) bzw. DeAndre Washington (467 Yards – zwei TDs).

Ein wahres Prunkstück ist aber die O-Line der Raiders, die seit Sommer auch dank Guard-Neuzugang Kelechi Osemele zu einer der besten Lines der Liga zählt. Derek Carr bekam nahezu immer genügend Zeit zum Passen, die Runningbacks genügend Raum um zu laufen. Allerdings sind einige Schlüsselspieler – wie Osemele und Donald Penn – angeschlagen, sollten aber für den Showdown am Samstag fit sein. Eine undurchlässige Mauer ist für Oakland und den QB der hinter der Line steht absolut notwendig, will man als Sieger vom Platz gehen.

Und defensiv?

In der Defensive lassen die Houston Texans im Schnitt am wenigsten Total Yards zu (301.3 Yards), womit man logischerweise an der Spitze von allen NFL-Defensivabteilungen steht. Houston verfügt über eine starke D-Line um Jadaveon Cloney und Vince Wilfork, dahinter warten mit den Linebackern Whitney Mercilus und Brian Cushing äußerst unangenehme Zeitgenossen auf Gegenspieler.

Die Raiders sind ziemlich gegenteilig unterwegs. Mit insgesamt 375 Yards pro Spiel liegt man nur auf Platz 26 in der Defensiv-Rangliste. Zwar ist die Front-Seven der Raiders um Khalil Mack und Bruce Irving äußerst effektiv, dafür lässt die Secondary meist zuviel zu. Man konnte die Punkte dank einer starken Offensiv-Leistung meist wettmachen, jetzt, da die Offensive aber auch ohne echten QB dasteht, muss Oaklands Defensive aber einen Schritt nach vorne machen.

Gab es heuer schon ein Duell?

Ja, gab es. Die Oakland Raiders und die Houston Texans trafen sich in Mexico City zum Spiel in der International Serie in Woche elf. Die Raiders konnten dieses Duell mit 27:20 knapp für sich entscheiden. Damals gab es einige strittige Schiedsrichterentscheidungen die schlussendlich doch eher den Raiders zu Gute kamen. Damals hielt die Line der Raiders, Carr wurde kein einziges mal gesacked. Umgekehrt konnte die Defensive Oaklands das Laufspiel von Lamar Miller nicht stoppen, er kam auf 104 Rushing-Yards und einen Touchdown.

Wer gewinnt?

Beide Teams haben Probleme, die Raiders vermutlich größere als die Texans, da letztere mehr oder weniger schon die gesamte Spielzeit ohne QB spielen. Oakland hat vermutlich die bessere Einheit und heuer auch mehr Talent, dennoch kursieren zu viele Fragezeichen. Kann man ohne Carr bestehen? Können die Runningbacks das Spiel tragen? Kann die Defensive die starken Receiver der Texans unter Kontrolle halten? All diese Fragen kann man auch auf die Texans projizieren. Es wird vermutlich – und das hätte man vor einigen Wochen nicht gedacht – ein Spiel auf Augenhöhe, auf Messerschneide.

Wir gehen mit den Oakland Raiders

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