seNFLs Top 50: Isaiah Crowell

Die Cleveland Browns – die oft gescholtene Lachnummer der NFL – befinden sich bekanntlich im Umbruch. Auch wenn man den Worst-Case von einer Saison ohne Sieg gerade noch abwenden konnte, war nicht alles so schlecht, wie es zunächst auf den ersten Blick aussieht. Besondere Aufmerksamkeit verdient Runningback Isaiah Crowell.

Eine Bulldogge

Isaiah Crowell gehört zu den Spielern, deren Karriere schon fast wieder vorbei gewesen wäre, ehe sie richtig begann. Eine Unachtsamkeit kann die gesamte sportliche Zukunft stark ins schwanken bringen. Aber der Reihe nach: Als sich Crowell 2011 für die Universität seiner Heimatstaates Georgia entschied, schien alles noch nach Plan zu laufen. Crowell, einer der besten Runningbacks seiner Klasse, überzeugte nicht nur am Footballfeld sondern galt auch als einer der talentiertesten Sprinter bzw. Läufer des Landes. Die 100 Meter lief er in 10.91 Sekunden – mit 16 Jahren. Logischerweise wollten ihn viele Universitäten mit einem Stipendium ausstatten, für ihn aber kam kein anderes als jenes von Georgia in Frage.

Gleichzeitig stand er auch noch einer komfortablen Ausgangsposition gegenüber: zur Saison 2011 standen die Bulldogs ohne Starting-Runningback da. Die eigentliche Nummer eins Washaun Ealey wechselte nach unzähligen Ausschweifungen außerhalb des Feldes zu Jacksonville State, die Nummer zwei Caleb King durfte auf Grund von schwachen schulischen Leistungen nicht Football spielen. Crowell kam, betrat das Feld und sicherte sich den Starting-Posten. Er entfachte ein regelrechtes Feuerwerk, ließ Ealey vergessen und beendete sein erstes Jahr mit 185 Carries für 850 Rushing-Yards und fünf Touchdowns. Seine Leistungen ließen ihn zum SEC Newcomer of the Year werden.

Fast wieder alles vorbei

Trotz der Leistungen war Crowell alles andere als unumstritten. Während seiner ersten Saison bei Georgia fiel er häufig auch außerhalb des Platzes auf, wurde unter anderem für Undiszipliniertheit auf die Bank gesetzt oder für ganze Spiele gesperrt. Eine Knöchelverletzung tat ihr übriges, gegen einen der größten Rivalen – die LSU Tigers – wurde er ob der schwachen Leistungen (zehn Carries für 15 Yard-Raumgewinn) von den eigenen Fans ausgebuht.

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Gegenüber dem eigentlichen Vergehen aber eine Kleinigkeit. Im Juli 2012 wurde Crowell zusammen mit zwei weiteren Personen festgenommen. Grund der Verhaftung: Waffenbesitz, noch dazu auf dem Schulgelände. Zusammen habe man gefeiert und sei anschließend mit seinem Auto nach Hause gefahren. Die Polizei hielt den Wagen an, eine Polizisten vernahm während der Fahrzeugkontrolle Marihuana-Geruch, woraufhin das gesamte Auto nach möglichen Drogen untersucht wurde. Drogen fand man zwar nicht, wohl aber eine neun Millimeter Waffe unter dem Fahrersitz. Noch dazu ohne Registriernummer, diese wurde entfernt. Crowell behauptete nichts von der Waffe zu wissen, wurde aber dennoch festgenommen und konnte erst gegen eine Kaution von 9.500$ das Gefängnis verlassen. Die Universität reagierte und entließ den talentierten Runningback umgehend – nicht nur wegen dieses Vergehens sondern auch wegen eines positiven Drogen-Tests. Bei einer Verurteilung drohten Crowell bis zu zehn Jahren Haft, im Laufe des Jahres wurde die Anklage aber fallen gelassen.

Gebeutelt musste Crowell abziehen, fand bei Alabama State ein neues Team und eine neue Uni – wohl aber in der Football Champinship Subdivision (FCS), also ein College auf nicht ganz höchstem Niveau.

Auf in die weite Welt

Bei Alabama State zeigte er auf dem Platz seine gewohnt-guten Leistungen, spielte dort zwei Jahre lang sehr stark (1.964 Yards, 30 Touchdowns) ehe er sich für den NFL Draft 2014 aufstellen ließ. Obwohl er von den Anlagen her ein als Viertrunden-Pick eingeschätzt wurde, sah jedes Team von einem Engagement ab. Seine Historie an Ausschweifungen machten ihn zum Undrafted Free Agent – und ließ ihn zu den Cleveland Browns kommen.

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In einem Team mit bescheidenem Talent konnte sich Crowell einen Platz unter den besten 53 Spielern sichern und auch gleich am Feld zeigen was er im Stande ist zu machen. Die erste Saison – obwohl nur vier Starts – schloss er mit 607 Rushing Yards und acht Touchdowns ab. Einzig großes Problem in seiner ersten Profisaison: Fumbles. Drei mal ließ er das Ei fallen, zwei mal konnte er den Ball nicht mehr unter Kontrolle bringen. In Jahr zwei teilte er sich die Carries mit Rookie Duke Johnson, durfte aber mit neun Spielen mehr Spiele starten als sein Konkurrent. Er mauserte sich zu einer universalen Waffe im Spiel der Browns, wurde häufig und gut als Passfänger eingesetzt (19 Receptions für 182 Yards und ein Touchdown), zeigte aber auch über das Laufspiel immer wieder sein ganzes Können mit insgesamt 706 Yards und vier Touchdowns. Dann kam die Saison 2016.

The best of the rest

Als Hue Jackson zur Spielzeit 2016 nach Cleveland kam wusste man, dass ein Umbruch bevorstehen würde. Man gab gerade in der O-Line Schlüsselspieler ab (Center Alex Mack nach Atlanta, Tackle Mitchell Schwartz nach Kansas City) und allgemein versuchte man mit vielen jungen Spielern bzw. (undrafted) Rookies ein neues Team aufzubauen. Über die Saison herausragend agierten dabei wie immer Tackle Joe Thomas, sowie Wide Receiver Terrelle Pryor und Isaiah Crowell.

Mit einer schwachen Line und ohne großartige Unterstützung von Seiten der Quarterbacks – das muss man in diesem Zusammenhang noch einmal erwähnen, der Verschleiß an QBs bei den Browns ist exorbitant – spielte Crowell nicht nur seine beste NFL-Spielzeit (952 Yards, sieben Touchdowns), sondern steht auch als erster Spieler für den möglichen Aufschwung in dem sich die Browns derzeit befinden (auf diesen wird im kommenden Offseason-Report eingegangen). Starter, eine katastrophale Line aber eine gute Ausbeute: nur logisch, dass er sich nach einem langfristigen und gut dotierten Vertrag sehnt. Dieser wurde ihm für’s erste verwehrt, Crowell unterschrieb im Februar seinen Tender, er bleibt zumindest für ein Jahr noch bei den Browns für ein Jahresgehalt von 2.746.000$.

Die Zukunft ist rosig

Mit der außerordentlich guten Performance der Browns in der Offseason bisher, dürfte sich Crowells Spiel auch noch einmal deutlich steigern. Die Neuzugänge JC Tretter und Kevin Zeitler dürften ihm deutlich größere Löcher aufreißen, auch wenn man noch nicht weiß wer künftig bei den Browns werfen wird, ist man trotz des Neuzugangs von Brock Osweiler stark aufgestellt. Head Coach Hue Jackson gab erst kürzlich zu, dass es einer der größten Fehler war, Crowell in der abgelaufenen Saison nicht mehr laufen zu lassen. Crowell hatte in der abgelaufenen Saison nur 198 Carries, deutlich weniger als vergleichbare Runingbacks. Untypisch für Jackson ließ er seine Quarterbacks deutlich häufiger werfen als er laufen ließ (557 Pässe gegenüber 271 Laufspielzügen, quasi 2:1). Im kommenden Jahr will Jackson das ändern. Die Vorzeichen für eine richtige Durchbruchs-Saison für Crowell stehen also sehr gut.

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