Wildcard-Review: Gebeutelt und besiegt

Seahawks für Lions zu stark

Die Seattle Seahawks wurden gegen die Detroit Lions ihrer Favoritenrolle gerecht und zogen mit einem 26:6 Sieg in das Divisionplayoff ein. Man sah ein nahezu perfektes Spiel von Quarterback Russell Wilson. Der Spielmacher überzeugte in ganzer Linie, kam auf 224 Yards (23/30) und zwei Touchdowns, wobei vor allem die Art und Weise von Wilsons-Spiel herausragte: er konnte sieben von neun Pässen für mehr als zehn Yards anbringen (127 Yards) und brachte jeden Pass an wenn er unter Druck gesetzt wurde. Und das wurde er sehr oft, schließlich ist die Line der Seahawks alles andere als stark.

Wilson war aber bei weitem nicht der einzige überragende Mann am Feld: Runningback Thomas Rawls erlief gegen Detroit mit 161 Yards (ein TD) einen neuen Postseason-Franchiserekord. Er ist kein Marshawn Lynch, hat aber mitunter dessen Züge, wenn er Tackles bricht oder einfach durch Verteidiger durchläuft. rawls schlägt 1-A Hacken, kein Hase könnte es besser und zeigt, dass man mit ihm und seiner Offensive definitiv noch rechnen muss. Das ist ein wichtiger Faktor im Hinblick auf ein mögliches Duell mit Green Bay, welches die Packers ja erst vor wenigen Wochen deutlich für sich entscheiden konnten.

Wo kommst du denn her?

Von allen Dingen die Seahawks Head Coach Pete Carroll gut kann, kann er am besten einen Receiver aus dem nichts zaubern. Wie schon im Super Bowl 49, als plötzlich ein gewisser Chris Matthews zum vermeintlichen Matchwinner wurde, ließ sich Carroll für dieses Wildcard-Game etwas besonderes einfallen: Paul Richardson. Der 24-Jährige dürfte gestern zwischenzeitlich zum meistgegoogeltsten NFL-Spieler mutiert sein, seine drei Fänge für 48 Yards waren schlichtweg sensationell, wenn auch nicht unumstritten: sein schöner Touchdown-Fang (einhändig!) hätte nicht zählen dürfen, da Richardson eindeutig in die Facemask seines Gegenspielers greift. Seine beiden weiteren Catches waren ebenfalls nur spektakulär.

Richardson war aber nur das i-Tüfelchen von einer starken Offensiv-Leistung: Doug Baldwin ist und bleibt der Go-to-guy von Wilson. 104 Yards, ein Touchdown – alle elf Bälle die auf ihn geworfen wurden gefangen, perfektes Spiel vom Passfänger. Mit seinem dritten Spiel über 100 Receiving-Yards in der Postseason stellte er einen neuen Seahawks-Rekord auf. Die Chemie zwischen Wilson und Baldwin ist beeindruckend, das Duo ist so gefährlich wie jene Kombos aus Aaron Rodgers und Jordy Nelson oder Matt Ryan und Julio Jones.

Hinten absolut dicht

Die Defensive der Seahawks hielt mehr als Stand. Auf allen Ebenen konnte man überzeugen. Die beiden Defensive-Ends Cliff Avril (zwei Sacks) und Michael Bennett (ein Sack) übten ständigen Druck auf Matthew Stafford aus, dahinter zerstörte Linebacker Bobby Wagner nahezu alles und jeden der in seine Richtung aufbrach (zehn Tackles). Wagner spielte ein herausragendes Spiel, sowohl gegen den Lauf als auch als Pass Rusher.

Die Sorgen die man sich ob des Ausfalls von Earl Thomas machen musste, waren gegen die Lions unbegründet, da die Lions diese Schwäche offensichtlich nicht ausnützen wollten. Richard Sherman hatte einen mehr als ruhigen Abend, Matthew Stafford vermied es in seine Richtung u werfen. Das eine mal, als ein Ball doch in Richtung Shermans ging, musste man fast eine Interception in Kauf nehmen. Shermans Partner auf der anderen Seite DeShawn Shead ließ ebenfalls keinen Pass zu, was aber auch an Stafford lag.

Mauer Stafford

Womit wir auch schon bei den Detroit Lions angekommen wären. Matthew Stafford und sein Team nahmen sich logischerweise viel für dieses Spiel vor, es sollte aber nicht wirklich funktionieren. Der Quarterback kam auf 205 Yards (18/32) und keinen Touchdown. Man versuchte es wie immer mit vielen kurzen bis mittellangen Pässen, womit man auch den größten Erfolg hatte. Nur wurde man irgendwann gestoppt. Die Schuld kann man wenn man ganz hart ist bei Stafford sehen, er übersah das ein oder andere mal einen offenen Receiver oder warf prinzipiell zu ungenau. Allerdings ließen die Receiver auch einige Bälle fallen. Stafford ging selten tief und wenn er es tat, brachte er die Bälle nicht an (nur zwei Versuche funktionierten). Die rechte Seite von Sherman ignorierte man. Insgesamt ein zu schwacher Auftritt von Stafford, der immer noch auf seinen ersten Sieg in den Playoffs warten muss.

Noch mauere Unterstützung

Detroits Offensive stützt sich auf zwei Faktoren: Matthew Stafford und seine Receiver. Letztere ließen ebenfalls zu wünschen übrig, man droppte vier Pässe. Golden Tate kam nur auf 25 Receiving-Yards, Seattle wusste wie man ihn stoppen kann. Denn Tates Stärke, Yards after Catch, wurde mit neun Yards nahezu eliminiert. Marvin Jones kam auf 81 Yards, fing aber auch nicht jeden fangbaren Ball. Und Tight End Eric Ebron war sichtlich nervös (gleich mehrere Drops).

Das Laufspiel war wieder einmal kein Faktor, es wäre aber auch verwunderlich gewesen, sucht man doch schon die gesamte Spielzeit über nach einem explosiven Running-game. Zach Zenner kam bei elf Läufen auf schlappe 34 Yards, wurde aber auch als Passfänger eingesetzt – sechs Catches für 54 Yards. Kein Receiver der Lions fing mehr Bälle.

Mit dem Lauf überfordert

Die Defensive der Lions konnte gegen den Lauf Seattles nicht standhalten. Vor allem die D-Liner um Khyri Thornton, Tyrunn Walker und Rookie A’Shawn Robinson hatte enorme Probleme, die Linebacker mussten nahezu immer einspringen. Konnte man Rawls für kurze Zeit unter Kontrolle bringen, kam Wilson wieder über den Pass und die Lions hatten Probleme mit der Passverteidigung. Bis auf Ziggy Ansah (zwei Sacks) und Haioti Ngata (ein Sack) konnte keiner restlos überzeugen.

Das war natürlich ein großes Problem, denn gerade zu Beginn des Spiels zwang man Seattle noch zum Ballwechsel. Bis zu Beginn des dritten Viertels war es ein offenes Spiel, nur vier Punkte trennten die beiden Teams. Dann brach die Defensive zunehmend ein. Das lag zum einen an den langen Drives der Seahawks, die den Lions-Verteidigern viel Kraft kosteten, zum anderen aber auch an der Ineffizienz von Stafford und seiner Offensive. Alles in allem waren beiden Einheiten gegen Seattle fähig für den nötigen Unterschied zu sorgen.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Seattle Seahawks treffen kommende Woche auf die Atlanta Falcons. Es kommt zum Rematch zwischen Julio Jones und Richard Sherman, das ja in der Regular Season für ordentlich Furore sorgte. Uns erwartet ein enorm spannendes Spiel, vermutlich viele Punkte.

Die Lions hingegen beenden die Saison und müssen sich einige Fragen stellen. Detroits Defensive Coordinator Teryl Austin steht bei einigen Teams als Head Coach im Gespräch (San Diego und Los Angeles). Nächstes Jahr wird nicht leichter, in einer Division, die mit Green Bay und Minnesota umgekäpft ist. Und dann kommen auch noch die Bears…

Die Ergebnisse von Samstag:

Oakland Raiders @ Houston Texans 14:27
Detroit Lions @ Seattle Seahawks 6:26

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